Nachsorge nach Trabekulektomie
Die Trabekulektomie ist eine filtrierende Glaukomoperation. Sie wird üblicherweise angewendet, wenn es gilt den Augeninnendruck deutlich zu senken und andere Verfahren wie Tropfen oder Laser oder Stents nicht ausreichend wirken. Es gibt noch andere gut funktionierende operative Verfahren beim Glaukom. Die Trabekulektomie gilt jedoch als der Goldstandard zur Senkung des Augeninnendrucks - wenn sie gut funktioniert. Leider gibt es kein standardisiertes zurverlässiges Verfahren um die Nachsorge nach der Operation zu managen, so dass viele Entscheidungen dem "Bauchgefühl" oder der Erfahrung des Operateurs überlassen bleiben. Die Nachsorge nach der Operation ist jedoch mindestens genauso wichtig wie die Durchführung der Operation selbst. In der Zeit nach der Operation besteht ein erhöhtes Risiko für Vernarbung, welche den Erfolg mehr oder weniger einschränkt. Auch andere Hürden müssen genommen werden, um langfristig ein gutes Ergebnis zu erzielen. In den 25 Jahren, in denen ich selber operativ tätig war und selbst einige tausend Trabekulektomien durchgeführt und nachbetreut habe, konnte ich zusammen mit meinen Kollegen die Nachsorge so optimieren, dass wir ein festes Handlungsschema hatten, mit dem wir optimale Erfolge erzielten, selbst bei komplizierten Fällen sowie Zweit- und Dritteingriffen. Im Folgenden sind unsere Ergebnisse und die Handlungsrichtlinien zu einem Fortbildungsartikel für Augenärzte zusammengefasst.
Abstract
Trabekulektomie-Nachsorge ohne Bauchschmerzen
Zusammenfassung: Dieser Artikel soll Ihnen vermitteln, wie Sie die Nachsorge der Trabekulektomie (TET) und der Phako-Trabekulektomie nach einem standardisierten Schema durchführen können, um optimale Ergebnisse zu erreichen. Es werden die operativen Voraussetzungen beschrieben, das medikamentöse Vorgehen, der geeignete Zeitpunkt für Laser-Suturolysen, aber auch, wie Sie unterblutete Sickerkissen oder postoperative Hypotonien und Re-Trabekulektomien erfolgreich zum Ziel bringen können und wie Sie langfristig der Vernarbung des Sickerkissens effektiv Gegensteuern können.
Nach diesem Schema kann der Großteil der Nachsorge von den betreuenden nicht-operativ tätigen Kollegen vorgenommen werden.
Summary: This article aims to show how to perform trabeculectomy (TET) and combined phaco-trabeculectomy follow-up according to a standardized scheme to achieve optimal results. It describes the surgical prerequisites, the medicinal procedure, the appropriate time for laser suturolysis, but also how you can successfully treat hemorrhagic blebs, postoperative hypotonies and re-trabeculectomies, and how you can effectively counteract bleb scarring in the long term.
According to this scheme, the majority of the aftercare can be carried out by the supervising non-operative colleagues.
Einleitung
Die Trabekulektomie gilt als Goldstandard der Glaukomchirurgie, was die Möglichkeit der Augeninnendrucksenkung anbelangt, wobei der kurz- und langfristige Erfolg wesentlich von einer optimalen Nachsorge abhängt. Doch wie diese in der jeweiligen Situation genau auszusehen hat, ist nicht klar definiert, so dass oft nach Bauchgefühl gehandelt werden muss.
Die hier beschriebene Methode der TET-Nachsorge ist natürlich nicht die einzig zielführende. Sie hat sich jedoch in 30 Jahren Arbeit mit dem Schwerpunkt Glaukom in Zusammenarbeit mit
wechselnden Kollegen, vor allem Herrn Professor Wolfgang Heider an der Augenklinik Herzog Carl Theodor in München, durch wissenschaftliches Vorgehen an tausenden von TETs herausgebildet. Erstens durch Aufstellen eines Handlungsplans beruhend auf Studien und eigenen Erfahrungen, zweitens durch konsequente, regelhafte Anwendung dieses Plans, und drittens durch Änderung einzelner Abschnitte des Plans, wenn diese offensichtlich negative Folgen zeigten.
In zwei großen prospektiven Untersuchungen haben wir jeweils 300 und 246 Augen zwei Jahre nachuntersucht. Die Erste in den Jahren 2001 bis 2003, als intra- und postoperativ noch keine Antimetaboliten verwendet wurden, lieferte uns wichtige Informationen darüber, welche prä- und intraoperativen Variablen Einfluss auf den postoperativen Verlauf haben. Die Zweite erfolgte in den Jahren 2009 bis 2012 unter Anwendung von Mitomycin und Avastin, bei der der postoperative Verlauf und die Nachsorge im Mittelpunkt stand.
Die kombinierte Phakotrabekulektomie über denselben Zugang ist schon seit Anfang der 90er Jahre Standardmethode in unserer Praxis gewesen. Die kurz- und langfristigen Ergebnisse zeigten keine Unterschiede zur reinen Trabekulektomie (1,2,4).
Abhängig von der Art der Operation kann die Nachsorge andere Notwendigkeiten ergeben. Bei unseren beiden großen Untersuchungen wurde die Bindehaut fornixständig eröffnet, das Tenongewebe breitflächig entfernt und die postoperative Nachsorge nur mit Cortison, ohne Antimetaboliten vorgenommen (Abbildung 1).
Inzwischen sind wir dazu übergegangen, die Bindehaut am Limbus zu eröffnen und das Tenongewebe stehen zu lassen, was mehr Sicherheit bezüglich des Endophthalmitisrisikos bedeutet, aber auch ein erhöhtes Vernarbungsrisiko mit sich bringt.
Die Änderungen, die sich in der Nachsorge daraus ergeben, sind in diesem Artikel ebenfalls beschrieben.
Mit den hier dargelegten Regeln kann der Großteil der Nachsorge von den niedergelassenen Kollegen vorgenommen werden. In unserer zweiten prospektiven Untersuchung lag der stationäre Aufenthalt bei 4,2 ± 1,9 Tagen. Überweisungen zum Operateur (meist wegen Suturolyse) waren pro Patient nur 1,1 mal nötig gewesen, sind jedoch in der Praxis – trotz Schulung der Kollegen - häufiger erfolgt.
Operative Vorraussetzungen
Natürlich hängt jede Nachsorge von der Art der Operation ab. Die wichtigsten Faktoren, die Voraussetzung für ein gutes Gelingen sind, müssen hier deswegen beschrieben werden. Zum Zeitpunkt der o.g. Studie haben wir die Bindehaut limbusständig eröffnet mit breitflächiger Entfernung des Tenongewebes, da Tenongewebe die postoperative Vernarbung und Ausbildung von Tenonzysten fördert.
Um das Risiko einer Endophthalmitis weiter zu minimieren, sind wir in den letzten Jahren dazu übergegangen, die Bindehaut fornixständig, also am Limbus, zu eröffnen und das Tenongewebe stehen zu lassen. Mit dieser Umstellung der Operation haben sich an der Nachsorge, wie ich sie hier beschreibe, nur drei Punkte geändert: Die Dosierung von Mitomycin C wurde etwas erhöht (siehe Abbildung 2), im stationären Aufenthalt wird postoperativ nun 5-Fluoruracil subkonjunktival gespritzt, und statt cortisonhaltigen Augentropfen wird Hydrocortison-Augensalbe (in gleicher Häufigkeit) gegeben.
Die wichtigsten Faktoren, die die Nachsorge deutlich erleichtern, sind folgende:
1. Anwendung von Antimetaboliten: Wir dosierten Mitomycin C nach dem in Abbildung 2 dargestellten Schema, gemäß den Erfahrungen aus unserer ersten großen Untersuchung (1). Damit sich das Mitomycin C gut unter der Bindehaut verteilen kann, wurde die Bindehaut vor der Applikation von Mitomycin C immer über sechs Uhrzeiten um die Hornhaut herum unterminiert. Dies trägt sicherlich dazu bei, die Ausbildung von postoperativen Tenonzysten zu mindern.
2. Aus meiner Sicht noch wichtiger ist, die Abflussleichtigkeit des Kammerwassers durch den Skleradeckel während der Operation recht genau einzustellen. Denn nur so kann man postoperativ ziemlich sicher sein, dass ein erhöhter Augeninnendruck nicht aufgrund primär zu fest gezogener Fäden besteht. Unnötige Suturolyse mit nachfolgender Hypotonie können so deutlich werden.
Hierbei gehen wir wie folgt vor: Zunächst werden am quadratischen, 4x4mm großen Skleradeckel mit Nylon-10-0 zwei Ecknähte gelegt, danach jeweils eine Naht mittig auf jeder Seite des Skleradeckels. Bei kombinierter grauer und grüner Star-Operation muss jetzt das Viskoelastikum aus der Vorderkammer entfernt werden und die Parazentesen durch Aufquellen verengt werden. Bei alleiniger Trabekulektomie wird eine sehr schmale Parazentese angelegt. Über diese Parazentese werden mit einer Sauter-Kanüle ca. 1-2 ml BSS (buffered saline solution) in die Vorderkammer eingegeben, bis der Bulbus tonisiert, und ein sichtbarer Abfluss des BSS unter dem Skleradeckel nach außen erfolgt. Unmittelbar danach (bis ca. fünf Sekunden) wird der Augeninnendruck mit einem sterilisierten Schiötz-Tonometer gemessen. Ziel ist, einen Wert von 39-42 mmHg zu messen. Mit dem 7,5 Gramm-Gewicht steht der Zeiger dann auf Skalenstrich 2 bis 2,5.
Ist der Augeninnendruck noch zu niedrig, muss ein Faden nachgelegt werden. Ist der Augeninnendruck noch zu hoch, kann man die Fäden mit den Knüpfpinzetten greifen und etwas hin- und her bewegen, um die Fadenspannung zu lockern. Dann wird der Bulbus erneut tonisiert und der Augeninnendruck gemessen, bis der Zieldruck erreicht ist.
Hier gilt es folgendes zu beachten:
- Die Hornhaut sollte zur Messung möglichst waagrecht stehen.
- Insbesondere bei kombinierter grauer und grüner Staroperation kann es sein, dass der Bulbus nach einmaliger Füllung noch nicht ausreichend tonisiert ist. Bevor man bei zu niedrigem Druck einen Faden nachlegt, sollte man immer erst noch einmal den Bulbus füllen und erneut messen.
- Wenn der Druck gemäß Schiötz-Tonometer zunächst passend ist, aber unmittelbar nach Aufsetzen des Tonometers zügig abfällt, ist die Fadenspannung noch nicht ausreichend. Der Zeiger sollte schon 2 Sekunden im gewünschten Bereich verharren, bevor er sich langsam bewegt.
- Die hinteren Eckfäden bringen die Hauptspannung. Sind sie zu locker – was bei schlecht greifenden Knüpfpinzetten regelmäßig der Fall ist - braucht man deutlich mehr Fäden, bis der Abfluss stimmt. Dann lieber einen oder zwei Eckfaden neu legen, bevor man weitere Nähte anbringt.
- Fadennachlegung erfolgt entweder limbusfern mittig, oder an der Seite, wo am meisten Wasser abfließt. Je näher am Limbus, desto mehr Effekt.
- Manchmal muss man die Fäden nur ganz leicht hin- und her bewegen, um einen großen Effekt zu erzielen (insbesondere bei dünnen Skleradeckeln), manchmal muss man kräftig rütteln. Lieber vorsichtig anfangen.
- Manche Hornhäute sind deutlich steiler gebaut, als die Fußplatte des Schiötz-Tonometers. Trotzdem sind die gemessenen Werte recht verlässlich, zumindest in dem Rahmen, dass man postoperativ keine großen Ausreißer des Augeninnendrucks erlebt.
3. Die Bindehautnaht sollte dicht abschließen. Leckende Bindehäute verkleben und vernarben leichter, da das Kammerwasser als Abstandshalter wegfällt.
4. Am Ende der Operation werden 1,25mg Avastin mit einer
30G -Kanüle in einem schrägen Stichkanal durch die periphere Hornhaut die Vorderkammer eingegeben.
Augen, bei denen nicht viel gekautert werden musste, hatten in unserer ersten Studie etwas bessere 2-Jahres-Ergebnisse, als diejenigen, bei denen viel gekautert wurde (p=0,03).
Sonderfall alleinige TET bei phaken Augen
Was bei phaken Augen gegen die Durchführung von Vorderkammer-eröffnenden Operationen spricht, ist die Induktion einer schnelleren Progression der Linsentrübung. Insbesondere, durch mehrmaliges Füllen der Vorderkammer, wie wir es zur Einstellung der Abflussleichtigkeit durchführen. Andererseits sinkt bei guter Nachsorge nach TET die Frequenz der Folgeeingriffe (abgesehen von Laser-Suturolysen).
Wenn man sicher gehen will, dass postoperativ keine Hypotonie besteht, welche einen erneuten Eingriff erfordern würde, kann man nach der Einstellung der Abflussleichtigkeit unter dem Skleradeckel (siehe Punkt 2 oben) eine zusätzliche Naht legen, die die Abflussleichtigkeit nochmal leicht erhöht.
Da das Antioxidative System der Linse aus Glutathion besteht, welches durch Vitamin C aus dem Kammerwasser regeneriert wird, macht es Sinn, perioperativ 3 bis 5mal täglich 1 g Vitamin C und 1 bis 2mal täglich 600mg N-Acetyl-Cystein zu geben, je nach individueller Verträglichkeit (z. Bsp. Eine Woche vor bis mindestens drei Tage nach der Operation) (6).
Grundlegendes zur Nachsorge
Weit verbreitet ist die Auffassung, dass der Patient bei jeder postoperativen Kontrolle möglichst auf einen Augeninnendruck von 12 gebracht werden sollte. Aufgrund vieler Erfahrungen mit zu früh durchgeführten Laser-Suturolysen (LSL), die zu einer revisionspflichtigen Hypotonie führten, haben wir die Strategie entwickelt, Suturolysen nur dann durchzuführen, wenn sie unbedingt nötig sind. Dies ist schon deshalb einleuchtend, weil 80% der Glaukompatienten Cortisonresponder sind. Das heißt, dass 80% der Patienten spätestens zwei Wochen nach Beginn der Cortisonbehandlung, nur aufgrund dieser Behandlung, einen mehr oder weniger starken Anstieg des Augeninnendrucks erfahren. Dieser ist in der Regel reversibel, so dass nach Absetzen des Cortisons mit einem ebenso starken Abfall gerechnet werden muss. Der ausgeprägteste Fall, den ich erlebt habe, war eine Senkung von 24 auf 7mmHg innerhalb von 3 Wochen nach Absetzen des Cortisons.
Deshalb ist die Strategie folgende:
Primäres Ziel ist es, die Vernarbung des Sickerkissens zu verhindern. Die endgültige Senkung des Augeninnendrucks erfolgt erst drei Wochen nach Absetzen des Cortisons.
Medikamentöse Nachsorge
In den ersten drei Tagen nach einer Verletzung / Operation werden vom Körper verstärkt Entzündungsmediatoren ausgeschüttet, die eine spätere Vernarbung des Sickerkissens fördern. Erst nach drei Wochen hat sich dieser Entzündungsprozess einigermaßen beruhigt. Deshalb ist es unbedingt wichtig, in dieser Zeit ausreichend Cortison zu applizieren. So ist unser Standardschema folgendes: In den ersten drei Wochen nach der Operation wird Prednisolonacetat 1% alle zwei Stunden appliziert, vom Aufstehen, bis zum Schlafengehen. Danach eine Woche lang 5mal täglich, danach wird pro Woche um einen Tropfen reduziert. Das heißt, nach acht Wochen braucht der Patient keine cortisonhaltigen Tropfen mehr applizieren.
Während des stationären Aufenthaltes werden zusätzlich antibiotische Augentropfen und Atropin 1% angeordnet.
Bei den in Abbildung 1 gelisteten Ergebnissen wurde die postoperative Wundheilung ausschließlich über die Dosis lokaler Cortisonapplikation moduliert. Es wurde postoperativ kein 5-Fluorouracil (5-FU) angewendet. Erst nach Umstellung der Operationsmethode auf die Variante mit fornixständiger Bindehauteröffnung ohne Resektion des Tenongewebes, haben wir am ersten oder / und zweiten postoperativen Tag 5-FU subkonjunktival seitlich in das Sickerkissen appliziert. In diesen Fällen kann man durch Anwendung von Hydrocortison Augensalbe statt -Augentropfen, die Notwendigkeit weiterer 5-FU-Injektionen mindern.
Cortisonhaltige Augentropfen haben zwei Nachteile, die man bedenken sollte: Sie werden in der Regel in den unteren Fornix getropft, und sie bleiben nur kurze Zeit im Auge. Das heißt, dass keine sehr große Menge des Wirkstoffs unter das Oberlid zum Operationsgebiet gelangt, insbesondere bei starker Lidspannung. Wenn also ein Sickerkissen zur Vernarbung neigt, sollte man den Patienten oder Angehörigen bitten, die Tropfen im Liegen unter das Oberlid zu applizieren. Einfacher ist es, gleich auf die Salbenform umzusteigen, denn diese verteilt sich leichter bis unter das Oberlid aufgrund der längeren Verweildauer am Auge.
Hat man aufgrund zahlreicher Voroperationen die Sorge, das Sickerkissen könne stärker als üblich vernarben, hat sich bewährt, an den ersten drei postoperativen Tagen Cortison stündlich zu applizieren, vom Aufstehen bis zum Schlafengehen.
Bei alleiniger TET wird üblicherweise postoperativ während des stationären Aufenthaltes Atropin 1% Augentropfen morgens angewendet, um hintere Synechien zu vermeiden.
Generell ist es sinnvoll, an den ersten postoperativen Tagen Atropin anzuordnen, um einem malignen Glaukom entgegenzusteuern und eine eventuelle partielle Ziliarkörperabhebung zur Rückbildung zu bringen.
Die postoperative Untersuchung
In den ersten drei Wochen nach der Operation würde ich die Patienten zweimal pro Woche kontrollieren. Danach bei planmäßigem Verlauf dreimal pro Woche, dann nach zwei Wochen (wenn das Cortison abgesetzt wird) und schließlich noch einmal drei Wochen nach dem Absetzen des Cortisons.
Zunächst wird das Sickerkissen inspiziert: Man kann recht gut sehen, ob ein guter Abfluss unter die Bindehaut besteht, bzw. ob diese etwas von der Episklera abgehoben ist. Mikrozysten in der Bindehaut zeigen auch einen Abfluss an, spielen aber in den ersten Monaten der Nachsorge keine große Rolle. Wichtig sind vor allem folgende Punkte:
a) Besteht eine Leckage im Sickerkissen (dieser Sonderfall wird weiter unten besprochen)?
b) Lässt sich der Augeninnendruck durch Massage von unten gut senken?
- Wenn ja, ist der Abfluss schön frei. Die Therapie wird nach dem Standardschema weitergeführt.
- Wenn nicht, prüft man folgende Punkte:
1. Liegt ein Irisprolaps vor? Dann gibt man einen Tropfen Pilocarpin 1% Augentropfen und wiederholt dies nach drei Stunden. Wenn der Prolaps nicht schon länger als einen Tag besteht, verschwindet er sicherlich und rezidiviert auch normalerweise nicht.
2. Ist vergessen worden, das Fenster der TET richtig auszuschneiden? Bei Verwendung eines Trepans kann das trepanierte Stückchen ins Auge umschlagen, so dass man fälschlicherweise davon ausgeht, es sei entfernt worden. Später klappt es zurück und der Abfluss ist zu. Eine Revision ist hier nötig.
3. Könnte ein Glaskörperprolaps bestehen, der durch die Zonulafasern und die Iridektomie hindurch den Trepanationsskanal verlegt? Auch hier ist eine Revision nötig.
4. Bei malignem Glaukom ist ebenfalls eine Revision nötig.
5. Ist das Sickerkissen über dem Skleradeckel unterblutet? Dieser Sonderfall wird später besprochen.
Wenn die Punkte 1 bis 5 nicht vorliegen, ist davon auszugehen, dass eine beginnende „Verklebung“ des Sickerkissens vorliegt. Insbesondere, wenn an den Tagen zuvor das Sickerkissen durch Massage stellbar war, kann der fehlende Abfluss nicht an der Spannung der Skleradeckelnähte liegen. An den ersten zwei postoperativen Tagen ist der Augeninnendruck gerne noch durch die operationsbedingte Gewebeschwellung erhöht und eine Massage deshalb erschwert.
Anmerkung zur Sickerkissenmassage
Meine Präferenz ist die Massage von unten, da diese am ehesten eine nicht-iatrogene Erhöhung des Augeninnendrucks imitiert. Wenn man am oberen Bulbus massiert, aber nicht weit genug vom Skleradeckel entfernt ist, kann es sein, dass die Verformung der Sklera die Tektonik des Deckels verändert. In diesem Fall kann man nicht sicher sein, dass eine Erhöhung des Augeninnendrucks auch zu einem erhöhten Abfluss führen würde. Des Weiteren neigt die an die Episklera gedrückte Bindehaut dazu, an der Episklera festzuhängen und sich nicht wieder von selbst zu lösen. Damit wird einer Sickerkissenvernarbung Vorschub geleistet. Wenn man also Massage von oben macht, sollte es möglichst weit vom Skleradeckel entfernt stattfinden.
Was tun bei beginnender Verklebung des Sickerkissens
Auf keinen Fall sollte man gleich eine Suturolyse vornehmen. Bei uns hat sich über zwei Jahrzehnte bewährt, die Augentropfen erst einmal drei Tage lang stündlich anzuwenden. Nach diesen drei Tagen lässt sich das Sickerkissen in der Regel durch Massage wieder senken. Danach tropft man weiter in der zu diesem Zeitpunkt üblichen Häufigkeit. Nur wenn sich das Sickerkissen nach diesen drei Tagen nicht stellen lässt, macht es Sinn, eine Suturolyse vorzunehmen. Bei weiteren Kontrollen geht man genau nach demselben Schema vor.
Sonderfall: Unterblutetes Sickerkissen
Blut fördert die Vernarbung NICHT
Meine erste prospektive Untersuchung von 300 Augen nach meist mit Cataract-Operation kombinierter Trabekulektomie, war noch in der Zeit vor Anwendung von Mitomycin C, 5-FU und Avastin. Von diesen 300 Augen hatten 12% ein über dem gesamten Bereich des Skleradeckels unterblutetes Sickerkissen. Bei der 2-Jahres-Kontrolle hatten diese Augen einen niedrigeren Augeninnendruck als die Vergleichsaugen (bereinigt um hochsignifikante Einflussfaktoren). Dieser Unterschied war zwar nicht signifikant, zeigt aber, dass die Vernarbung durch das Blut keinesfalls gefördert wird. Des Weiteren sind alle Versuche gescheitert, den Augeninnendruck bei Hypotonien durch Injektion von Eigenblut in das Sickerkissen zu steigern.
Leider ist in der Regel der Augeninnendruck bei solchen Augen sehr hoch (ca. 30-40 mmHg). Außerdem hat man die Sorge, dass, wegen des fehlenden Kammerwasserflusses, die Bindehaut auch in den nicht unterbluteten Bereichen verklebt und später vernarbt.
Man ist also geneigt, eine Suturolyse vorzunehmen. Diese bleibt jedoch meist frustran, was dazu verleitet, noch eine Suturolyse vorzunehmen. Am Ende besteht wieder das Risiko, langfristig in der Hypotonie zu landen. Für mich hat sich auch bei den Operationen, bei denen das Tenongewebe nicht entfernt wurde, folgendes bewährt: Eine ausreichend hohe Cortisondosis verhindert die Vernarbung in aller Regel erfolgreich: In den ersten drei Tagen stündlich Tropfen, besser Salbe geben, danach alle zwei Stunden. Augeninnendrucksenkung lokal oder auch oral (Azetazolamid). Kontrollen zwei- bis dreimal pro Woche.
Nach ca. zehn Tagen sollte sich das Blut ausreichend resorbiert haben und sich ein Sickerkissen durch Massage stellen lassen, wenn es nicht schon spontan entstanden ist. Dann kann man auch die Mithilfe eines umsichtigen Patienten in Anspruch nehmen: Er kann zwei- bis dreimal täglich selbst eine Massage vornehmen, damit der Schwung des ausfließenden Kammerwassers, die Bindehaut nach und nach wieder abhebt. Ob er es richtig macht, kann man sich von ihm vorführen lassen.
Was tun, wenn der Augeninnendruck sich durch Massage senken lässt, aber insgesamt viel zu hoch liegt
Auf keinen Fall möchte man, dass durch einen postoperativ erhöhten Augeninnendruck der Sehnerv weiteren Schaden erleidet. Deshalb muss man abwägen, ob man doch schon eine Suturolyse vornimmt, obwohl die augeninnendrucksteigernde Nebenwirkung des Glaukoms noch mit im Spiel sein kann.
Hier würde ich zunächst beurteilen, wie leicht sich der Augeninnendruck durch Massage senken lässt.
- Fällt er durch Massage nur um 1-3 mmHg, sollte man wieder drei Tage stündlich Cortison anwenden und dann erneut testen.
- Fällt er um 5-10 mmHg pro mittelfester Massage, liegt aber von Haus aus viel zu hoch, sollte eine Suturolyse vorgenommen werden (welcher Faden wird weiter unten besprochen). Die Frage ist, welche Höhe des Augeninnendrucks man noch tolerieren kann. Sicherlich keine 30mmHg, bei denen ein kleines Restgesichtsfeld innerhalb einiger Wochen in den wipe-out gehen kann. Da die stärkste Drucksenkung, die ich allein durch Absetzten des Cortisons erlebt habe, den Druck von 24 auf 7mmHg senkte, bin ich bei Werten unter 24mmHg mit Suturolysen sehr zurückhaltend. Im Falle eines minimalen Restgesichtsfeldes würde ich bei gut ausgebildetem Sickerkissen den Druck entweder über Lokaltherapie vorübergehend senken, oder einen Faden lasern, der nicht sehr viel Spannung hat. Manchmal hat man ja mehr als 4 Fäden, so dass pro Faden weniger Effekt zu erwarten ist.
- Vorsicht Falle: Liegt der Druck zunächst bei 30mmHg und fällt durch mittlere Massage ganz plötzlich auf 5mmHg, ist davon auszugehen, dass das Sickerkissen nur leicht verklebt ist. Diese Fälle pendeln sich in der Regel auf einen guten Druck unter 20mmHg ein, gerne sogar auf 12 bis 14mmHg, so dass später keine Suturolyse mehr nötig ist. In diesem Fall lieber vorübergehend lokale Antiglaukomatosa (nur nicht Prostaglandinanaloga tropfen und zwei- bis dreimal pro Woche kontrollieren, ob sich das Sickerkissen noch gut stellen lässt. Bei Verklebung wieder nach obigem Schema vorgehen. Ein umsichtiger Patient kann auch gerne zu Hause zweimal täglich eine leichte Massage vornehmen, einfach um die Bindehaut immer mal wieder von der Episklera abzuheben. Man kann ihn das in der Praxis einmal machen lassen und danach als Feedback den Augeninnendruck messen.
Sonderfall: Postoperative Hypotonie
Wurde postoperativ kein Atropin angewendet, sollte zunächst eine partielle Ziliarkörperabhebung ausgeschlossen werden, indem man zwei bis drei Tage lang Atropin 1 % zweimal täglich oder Cyclopentolat 1% drei bis viermal täglich appliziert.
Ein Grund für eine postoperative Hypotonie ist eine Leckage aus der Bindehaut. Im Zweifel ist es immer besser, diese operativ zu beheben. Besteht eine Leckage weiter weg vom Limbus, kann man diese mit selbstauflösenden Vicryl-Fäden der Stärke 8-0 bis 10-0 schließen. Winzige Leckagen kann man auch mit festangezogenen Nylon-10-0 Einzelknopfnähten schließen, welche nach einiger Zeit von selber herausfallen. Liegt die Leckage direkt am Limbus (bei fornixständiger Bindehauteröffnung), so kann man eine große Kontaktlinse über mehrere Tage aufsetzen. Eine operative Revision ist aber auch hier besser, denn durch die hochdosierte Cortisongabe schließt sich das Leck erst spät und kann durch die diagnostische, oder auch therapeutische Message immer wieder aufgedrückt werden. Außerdem besteht mehr Kontakt der Bindehaut mit der Episklera und somit ein leichteres Verkleben des Sickerkissens.
Liegt keine Leckage nach außen vor, ist der Abfluss aus dem Auge doch stärker, als man während der Operation gemessen hat. Das kann daran liegen, dass im Operationssitus andere Kräfte auf das Gebiet des Skleradeckels einwirken als postoperativ. Zum Beispiel durch den Lidsperrer, oder die Zugnaht, mit der der Bulbus gedreht wurde. Es kann aber auch sein, dass das Auge bei der Messung noch nicht ausreichend tonisiert war.
Eine dritte Möglichkeit, die man immer in Betracht ziehen sollte, ist eine partielle Ziliarkörperabhebung. Vermutlich entsteht diese intraoperativ über Scherkräfte bei sich verformendem Bulbus. Um diese Möglichkeit auszuschließen, sollte man Atropin 1% Augentropfen für ein bis zwei Tage anwenden. Zeigt sich am zweiten Tag keine Besserung, hängt das weitere Procedere vom Ausmaß der Hypotonie ab.
Auf jeden Fall sollte eine Nahtnachlegung erfolgen, wenn eine Aderhautamotio besteht oder der Hornhautdicken-korrigierte Augeninnendruck unter 6mmHg liegt.
Zum Vorgehen bei der Nahtnachlegung unten mehr.
Bei korrigiertem Augeninnendruck von ca. 6 bis 10 mmHg an den ersten postoperativen Tagen, ist es gut möglich, dass der Patient mit unserem Behandlungsschema am Ende eine dauerhafte Hypotonie entwickelt. Deshalb sollte man über eine Verringerung der Cortisondosis den Heilungsverlauf beeinflussen. Auch dies kann unter kontrollierten Bedingungen verlaufen. Hierzu ist wichtig zu wissen, dass in den ersten drei Tagen nach der Operation die meisten vernarbungsfördernden Entzündungsbotenstoffe gebildet werden. Wenn man also schon in den ersten drei Tagen die Cortisondosis mindert, um etwas mehr Verwachsung der Bindehaut zuzulassen, dann muss man damit rechnen, dass es in der dritten postoperativen Woche zu einem plötzlichen und überschießenden Anstieg des Augeninnendrucks kommt.
Wir kennen das aus der Zeit, als noch ohne Antimetabolite operiert wurde (1). Dieses Phänomen können Sie verhindern, indem Sie stur, egal wie niedrig der Augeninnendruck ist, an den ersten drei Tagen alle zwei Stunden Cortison applizieren - wenn Tenongewebe reichlich exzidiert wurde in Form von Augentropfen, wenn das Tenongewebe belassen wurde besser in Form von Augensalbe. Danach setzen Sie das Cortison komplett ab und bestellen den Patienten zweimal pro Woche ein, also alle drei bis vier Tage. Wenn der Augeninnendruck dann bei 11-13 angekommen ist, geben Sie die cortisonhaltige Medikation wieder in der Dosierung, in der sie üblicherweise zu diesem Zeitpunkt verordnet worden wäre. Das heißt, in den ersten drei Wochen alle zwei Stunden, in der vierten Woche fünfmal täglich etc.
Wenn Sie eine Hypotonie erst später nach der Operation feststellen, können Sie genauso verfahren.
Endgültige Druckeinstellung erst drei Wochen nach Absetzen des Cortisons
Da ca. 80% der Patienten mit Offenwinkelglaukom Cortisonresponder sind, ist natürlich mit einem Abfall des Augeninnendrucks nach Absetzen des Cortisons zu rechnen. Der stärkste Druckabfall, den ich erlebt habe, war von 24 auf 7mmHg. Deshalb sollte man genau abwägen, ob man schon vor Ablauf dieser drei Wochen eine Suturolyse durchführt. Ist der Zieldruck nach drei Wochen nicht erreicht, sollte eine Laser-Suturolyse vorgenommen werden. Bei dieser fällt der Augeninndruck in der Regel um 3-6 mmHg ab.
Grundsätzliches zu Laser-Suturolysen
In den ersten Tagen nach der Operation solle man sehr zurückhaltend sein. Die Bindehaut ist oft noch geschwollen, so dass der Augeninnendruck nur temporär erhöht ist (siehe oben).
Wichtig ist, immer nur eine Suturolyse vorzunehmen. Eine zweite Suturolyse sollte erst nach zwei Wochen vorgenommen werden, da sich in diesen zwei Wochen ein neues Gleichgewicht ausbildet. Lasert man zu früh, kann eine Hypotonie resultieren, die eine Nahtnachlegung erforderlich macht.
Bei der Suturolyse wird die Bindehaut mit dem Kontaktglas auf die Episklera gedrückt. Selbst wenn man nicht stark drückt, kann es sein, dass die Bindehaut beim nächsten Besuch in der Praxis immer noch an der Episklera klebt und dann dort verwächst. Deshalb sollte man nach der Suturolyse so lange massieren, bis die Bindehaut sich sichtbar wieder von der Episklera entfernt hat.
Welchen Faden sollte man durchtrennen:
- Die Eckfäden immer zuletzt, da diese für die Grundspannung im Deckel sorgen. Wird ein solcher Eckfaden als erster durchtrennt, ist mit einer sehr großen Drucksenkung zu rechnen, da alle anderen Fäden auch lockerer werden.
- Wenn man nur eine leichte Senkung des Augeninnendrucks erzielen will, durchtrennt man erst den seitlichen Faden, der weniger stark gespannt ist, was man an seinem gebogeneren Verlauf erkennt. Wenn mehrere seitliche Fäden liegen, dann hat der Faden weniger Wirkung, der weiter vom Limbus entfernt ist.
- Wir haben in der Regel erst den temporalen Faden durchtrennt, da wir nicht wollten, dass sich das Kammerwasser nasal um die Hornhaut ausbreitet. Dies könnte zu einem zu prominenten nasalen Sickerkissen führen, mit der Folge einer cornealen Benetzungsstörung, Fremdkörpergefühl oder Fuchsscher Delle.
Was tun bei nasal zu prominentem Sickerkissen
Nasal prominente Sickerkissen sind optisch nicht schön, können zu Fremdkörpergefühl oder sogar zur Ausbildung einer Fuchsschen Delle führen. Wenn sich ein solches abzeichnet, kann ein umsichtiger Patient selbst, bei leicht geöffnetem Auge, mit dem Finger das Oberlid etwas über die zu prominente Bindehaut schieben und eine Minute leicht auf diese Stelle drücken. Zwei bis dreimal am Tag sollte reichen. In der frühpostoperativen Zeit hat das mehr Effekt als später. Der Patient kann das Sickerkissen auch etwas nach temporal ausstreichen, um das Sickerkissen im temporalen Bereich weiter auszubreiten.
Nahtnachlegung bei Hypotonie
Man kann die Nahtnachlegung bei bestehender Hypotonie transkonjunktival vornehmen. Dies hat den Nachteil, dass die Abflussleichtigkeit nicht genau gesteuert werden kann und dass ein fester Kontakt der Bindehaut mit der Episklera entsteht, was die postoperative Vernarbung fördert. Eröffnet man die Bindehaut erneut, kann man wesentlich kontrollierter vorgehen.
Nach der Bindehauteröffnung kann man über eine Parazentese die Vorderkammer stellen und mit dem Schiötz-Tonometer die Abflussleichtigkeit aus dem Skleradeckel messen. Ist diese niedriger als man normalerweise anstrebt, legt man eine Nylon-10-Einzelknopfnaht nach, an der Stelle, an der der stärkste Abstrom des Kammerwassers sichtbar ist. Also zum Beispiel links oder rechts oder am Ende des Skleradeckels. Je näher die Naht am Limbus liegt, desto stärker wird der Abfluss behindert. Wenn man die Nähte zu fest anzieht, kann es sein, dass der Druck dadurch sogar weiter abfällt, wegen veränderter Tektonik.
Wenn der Augeninnendruck von Anfang an dem gewünschten entspricht, dann legt man natürlich trotzdem eine Naht nach, misst aber erneut die Abflussleichtigkeit, damit der Faden keinen allzu großen Effekt hat und am Ende ein zu hoher Augeninnendruck resultiert. Ein weiterer Faden, der noch etwas mehr Spannung bringt, gibt noch mehr Sicherheit.
Da der erneute Eingriff wieder Zytokine auf die Bühne ruft, applizieren wir hier Mitomycin C eine Minute lang und geben am Ende der Operation wieder Avastin in die Vorderkammer.
Langfristige Nachsorge
Es gibt viele Faktoren, die die Vernarbung des Sickerkissens langfristig fördern, wie Bindehautentzündung, Blepharitis und Neurodermitis. Aber auch einfach etwas mehr Stress oder ein trockenes Auge kann die Vernarbung anregen. Um zu sehen, wie der Patient veranlagt ist, macht es Sinn, zunächst alle sechs Wochen den Augeninnendruck zu messen und die Ausdehnung des Sickerkissens zu beurteilen. Zeigt sich eine Verklebung oder Druckanstieg, hat sich bewährt, drei Tage lang stündlich Prednisolonacetat 1% anzuwenden. Danach lässt sich das Sickerkissen oft wieder besser stellen, und der Druck sinkt. Das funktioniert natürlich nur, wenn nicht bereits eine feste Verwachsung der Bindehaut mit der Episklera eingetreten ist. Zeigt der Patient eine solche Vernarbungstendenz, kann man dauerhaft einen Tropfen Prednisolonacetat 1% einmal pro Woche verordnen. Dadurch kommt es nicht zu einer cortisonbedingten Steigerung des Augeninnendruck, aber der Vernarbung kann sehr effektiv entgegengewirkt werden. Patienten, die wegen schon zweimal vernarbten Sickerkissen zu uns kamen, haben wir nach einer erneuten TET so erfolgreich über viele Jahre stabil gehalten. Bei starker Vernarbungsneigung, zum Beispiel bei Neurodermitis oder komplizierteren Revisionen, kommt Hydrocortison Augensalbe einmal pro Woche infrage, welche durch die längere Verweildauer am Bulbus besser einwirken kann.
Solange die Bindehaut nicht komplett verwachsen ist, kann man bis zwei Jahre nach der Operation noch erfolgreich Laser-Suturolysen durchführen. Danach fangen die Fäden an abzublassen und resorbiert zu werden. Und auch hier sollte man sich nicht dazu verleiten lassen, zwei Suturolysen auf einmal vorzunehmen. Der Effekt kann größer sein, als man denkt.
Augen, deren Augeninnendruck lange Zeit bei ca.7 mmHg liegt, können plötzlich mit einer manifesten Hypotonie unter 6mmHg vorstellig werden. Wenn eine Leckage oder Amotio ausgeschlossen wurde, sollte man auch hier durch Gabe von Atropin 1% (einmal täglich) oder Cyclopentolat 1% (dreimal täglich) über eine Woche, eine Ziliarkörperabhebung ausschließen. Dies kann entstehen, wenn bei niedrigem Augeninnendruck von außen mechanisch Druckausgeübt wird (Augenreiben, Kopfkissen).
Ein recht sicheres Zeichen für eine Leckage des Sickerkissens, ist, wenn der Patient berichtet, das Kopfkissen sei morgens nass. Manche nachweisbare Leckagen schließen sich spontan. Jedoch sind Rezidive häufig und das Endophthalmitisrisiko zu groß, um in diesen Fällen eine Revision aufzuschieben.
Literatur
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www.drnataschagraf.de
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