Nikotinamid/Niacinamid
und seine Anwendung beim Glaukom
Es gibt gute Neuigkeiten. Nachdem Tierversuche und kleinere Untersuchungen an Patienten einen schützenden Einfluss von Nikotinamid bei Glaukom festgestellt haben, laufen derzeit mindestens 4 klinische Studien mit über 1500 Patienten, die dessen langfristigen Einfluss auf das Glaukom untersuchen.
Da mehrere Formen von Vitamin B3 schon seit über 50 Jahren an tausenden Patienten in ähnlicher Hochdosistherapie risikoarm verwendet werden, weiß man schon sehr viel über dieses auch "Langlebigkeits-Vitamin" genannte B3.
Ich möchte auf dieser Seite Kollegen und Patienten helfen, Ihr Wissen diesbezüglich zu vertiefen, um Nikotinamid sicher einsetzen zu können.
Wer diese Seite aufmerksam liest, findet noch zahlreiche andere Informationen darüber, wie die neuronalen Strukturen beim Glaukom unterstützt werden können.
Letztlich handelt es sich um Mitochondrienmedizin, so dass der Abschnitt "Voraussetzungen für eine möglichst erfolgreiche und nebenwirkungsarme Therapie" genauso herangezogen werden kann zur Behandlung mit Coenzym Q10 oder Infrarot-Lichttherapie bei Makulageneration.
Was ist Nikotinamid / Niacinamid?
Nikotinamid, auch Niacinamid genannt, ist das Amid der Nikotinsäure.
Das eigentliche Vitamin B3 ist die Nikotinsäure, die später in Niacin umbenannt wurde, auch um Verwechslung mit Nikotin zu vermeiden.
Der Körper kann Niacin in Niacinamid umwandeln. Niacinamid wiederum wird in Nicotinamid Adenin Dinucleotid = NAD umgewandelt und dies ist das Molekül, welches hauptsächlich für die "Wunderwirkung" des Vitamins B3 verantwortlich ist.
NAD ist ein Elektronenüberträger und an über 450 Stoffwechselprozessen im Körper beteiligt, unter anderem an der Energiegewinnung und der Reparatur unserer Gene. Es ist beim Auf- und/oder Abbau fast jeden Moleküls unserer Zellen beteiligt, z.Bsp. Steroiden, Prostaglandinen und Enzymen.
Warum ist Nikotinamid so erfolgsversprechend?
Nikotinamid ist wesentlich für die Energiegewinnung in den Mitochondrien (3).
Ohne funktionierende Mitochondrien könnten unsere Zellen nicht überleben. Sie generieren die Energie, die für unsere Stoffwechselfunktionen notwendig sind und sind wichtig für die Entgiftung. Viele Erkrankungen gehen mit einer Schwächung der Mitochondrien einher, unter anderem das Glaukom. Besonders viele Mitochondrien sind in Sinneszellen, Nervenzellen und Muskelzellen. Eine Nervenzelle (und darunter fallen ja auch die Ganglienzellen) enthält ca. 10.000 Mitochondrien - ein Thrombozyt hingegen nur zwei bis vier. Und die Mitochondrien des Herzmuskels machen 36% seines Gewichts aus.
Beim primären Offenwinkelglaukom geht man inzwischen davon aus, dass eine Schwäche der Mitochondrien im Gehirn zu einer Fehlsteuerung der Abflussleichtigkeit für das Augenwasser führt.
Hier wesentliche Punkte stichwortartig (aus Literaturangabe 2):
- Patienten mit primärem Offenwinkelglaukom haben signifikant niedrigere Plasmaspiegel an Nicotinamid als eine Kontrollgruppe.
- Patienten mit Normaldruckglaukom haben eine schwächere Mitochondrienfunktion als Kontrollpatienten.
- In Mäusen und am Menschen geht das Glaukom (und andere neurodegenerative Erkrankungen) mit einem Mangel an NAD einher.
- Im Alter bilden wir weniger NAD.
- NAD-Mangel scheint die strengste Assoziation mit einem Verlust der retinalen Ganglienzellen zu haben.
- In einem Maus-Glaukom-Model wurde ein Mangel an NAD und Glutathion sowie geschwächte Mitochondrien festgestellt.
Supplementierung von Nikotinamid führte zu mehr Resistenz gegenüber erhöhtem Intraokulardruck (Augeninnendruck) (2)
bei Mäusen:
- In einem Maus-Glaukom-Modell wurde der Verlust der retinalen Ganglienzellen gestoppt durch orale Gabe von Nikotinamid, obwohl der hohe Augeninnendruck weiter bestand. 93% der Mäuseaugen entwickelten kein Glaukom bei der höchsten getesteten Nikotinamid-Dosis, was einer 10-fachen Reduktion des Glaukomrisikos entspräche.
- Forscher injizierten Glaukom-Mäusen ein Enzym in den Glaskörper, welches NAD produzieren soll. Über die folgenden 12 Monate waren 70% der Mäuse vor Glaukom geschützt.
- In einem anderen Maus-Glaukom-Model hatten die Mäuse mit Nikotinamid im Futter eine 2,4 mal höhere Ganglienzelldichte als die Kontrollgruppe.
am Menschen (2):
- Hui et al 2020 (cross-over, doppelblind, randomisiert): 57 Glaukom-Patienten, die bereits behandelt wurden, wurden eingeteilt in eine Placebogruppe versus einer Gruppe, die Nikotinamid bekam und zwar 6 Wochen lang 1,5g am Tag, dann 6 Wochen 3g am Tag. Die Funktion wurde mittels Elektroretinographie und Gesichtsfeld ermittelt. Bei der Elektroretinographie verbesserte sich die Amplitude der negativen photopischen Antwort bei der Gabe von Nikotinamid um 14,8% gegenüber 5,2% in der Kontrollgruppe (p= 0,002). Ein Trend zu verbesserten Gesichtsfeldern zeigte sich in der Nikotinamidgruppe bei 27% und weniger (4%) verschlechterten sich gegenüber dem Placebo (p=0,02).
Welche Formen von Vitamin B3 gibt es und welche Rolle spielen sie?
Die o.g. Untersuchungen in Hinblick auf das Glaukom verwendeten alle Nikotinamid.
Trotzdem wird man beim Thema Vitamin B3 immer wieder mit den anderen Formen in Kontakt kommen. Sie unterscheiden sich in Hinblick auf die Wirkungen und Nebenwirkungen (1).
Die einzelnen Formen werden vom Körper ineinander umgebaut:
Nikotinamid--> Niacin-->NAD
Nikotinamid / Nikotinamid-ribosid --> Nikotinamidmononucleosid (NMN)--> NAD
In der Regel ist es in Bezug auf die Wirkung so, dass Niacin das größere Wirkspektrum hat. Deshalb könnte es interessant sein, bei einzelnen Glaukompatienten Niacin zu verwenden, um dessen zusätzliche positive Eigenschaften zu nutzen. Allerdings gibt es dabei zwei Hindernisse: Niacin macht Anfangs mehr Nebenwirkungen und seine Wirkung in Bezug auf das Glaukom ist praktisch nicht erwiesen. Rein von der theoretischen Seite her, dürfte die Wirkung beim Glaukom identisch sein.
Nikotinamid
Wird bisher verwendet, um Vitamin B3-Mangel auszugleichen (Pellagra).
Dr. William Kaufmann, MD, PhD hat an weit über 100 Patienten akribisch die Wirkung bei Arthrose und Osteoarthrose erfasst. Über zwei Jahre verbesserte sich die Funktion und die Schmerzhaftigkeit. Es gibt wohl kein Buch von ihm, aber seine Schriften dazu findet man bei www.doctoryourself.com von Andrew Saul, der auch ein Kapitel in u.g. Literaturstelle 1 darüber verfasst hat (1).
Nikotinamid hat den Vorteil, dass es bei Einnahme nur sehr selten einen Flush erzeugt.
Wenn allerdings ein Flush unter Nikotinamid entsteht, ist er sehr unangenehm und Nikotinamid kann nicht weiter eingenommen werden. Hoffer vermutet, dass bei diesen Patienten Nikotinamid zu schnell in Niacin umgewandelt wird.
Deshalb ist es auch die am meisten angebotene und nachgefragte Form von Vitamin B3.
Verkauft wird es oft unter dem Namen: Niacin- flush free.
Was ein Flush ist, steht gleich im Anschuss unter Niacin.
Niacin
Dies ist das eigentliche Vitamin B3. Dass es so unbeliebt ist, liegt am Flush.
Der Flush äußert sich in einer juckenden, kribbelnden Rötung des Kopfes und oft auch des Oberkörpers, die meist nur ca. 20 Minuten anhält und bei regelmäßiger Einnahme (zwei- bis dreimal täglich nach dem Essen) nach wenigen Tagen fast nicht mehr auftritt, es sei denn, man trinkt Alkohol dazu oder isst eine heiße bzw. scharfe Speise. Der Flush entsteht über Ausschüttung von Histamin. Die Einnahme von einmal täglich 100 mg Aspirin mindert den Flush in der Anfangszeit.
Niacin hat jedoch Vorteile, die die anderen Formen nicht haben:
1) Es ist von seiner Wirkung auf das kardiovaskuläre Risiko besser als Statine. Es senkt nämlich nicht nur LDL, sondern auch die Triglyceride und den kardiovaskulären Risikofaktor Lipoprotein a und es hebt HDL. Die Fettsenkung mit Niacin war die vom National Institute of Health (NIH) empfohlene Form der Cholesterinsenkung in den USA, bevor die Statine auf den Markt kamen. Das NIH gehört zum US-Gesundheitsministerium Diese Empfehlung beruhte auf einer placebokontrollierten Studie mit 7.700 Männern, die alle schon mind. einen Herzinfarkt gehabt hatten, dem Drug Coronary Project (1966-1974). Man gab damals den Probanden 3 g Niacin am Tag. Die Ergebnisse waren erstaunlich, denn sogar die Gesamtsterblichkeit sank. Einer der jungen Ärzte, William B. Parsons, MD, der an der Ausführung der Studie beteiligt war, hat danach 40 Jahre lang die Cholesterinsenkung mittels Niacin betrieben und seine Erfahrungen in einem Buch niedergeschrieben (4). Hier finden sich auch ausführliche Beschreibungen der Vorgehensweise.
2) Es kommt beim Flush eben auch zu einer Erweiterung der Blutgefäße. Dies ist eine Erleicherung für Patienten mit M. Raynaud. Auch einige Patienten mit Psoriasis profitieren, wobei man bei Psoriasis vorsichtig sein muss, weil sich manche Fälle verschlechtern (1)
Inositol-Hexaniacinat
Manchmal wird es auch Inositol-Hexanicotinat genannt. Es ist ein Ester von Inositol und Nikotinamid. Abraham Hoffer, MD, PhD an der Universität Saskatchewan, Canada, ist eine Legende der Behandlung psychiatrisch kranker Patienten, insbesondere der Schizophrenen mit Niacin und Nikotinamid. Er schreibt, er habe diese Substanz 30 Jahre lang benutzt für diejenigen Patienten, die den Flush nicht tolerieren konnten oder wollten: " It is gentle, effective, and can be tolerated by almost every person who uses it"(1). Es wirkt sich auch positiv auf die Senkung des Cholesterins aus.
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Nikotinamid-ribosid
Es wurde 2004 entdeckt. Deshalb weiß man auch noch nicht so viel darüber, wie über die anderen Formen.
Extended-Release, Sustained-Release, Time-Release Niacin
Diese Begriffe werden oft nicht mit ihrer Bedeutung im engeren Sinn verwendet, so dass oft nur das Inositol-Hexaniacinat damit gemeint ist.
Man muss vorsichtig sein mit solchen Zubereitungen, da einige von ihnen tatsächlich zu toxischen Leberschäden führten, was mit Niacin, Niacinamid oder Inositol-Hexaniacinat nicht der Fall ist.
Enduracin ist ein Produkt (in USA erhältlich, sie liefern nicht nach Deutschland), welches keine Leberschäden macht, mit dem William Parsons gerne gearbeitet hat. Näheres zu diesen Zubereitungsformen finden Sie vor allem in seinem Buch (4) und im umfassendsten Werk über Niacin (1).
NADH
Dies ist die antioxidative Form von NAD, sozusagen die aktivierte Form, die z.B. auch beim Abbau von Zucker im Körper gebildet wird. Man kann es seit den 1990er Jahren kaufen, aber es gibt nicht viele Studien dazu und eben keine Langzeiterfahrung in der praktischen Anwendung. Außerdem ist es viel teurer. Günstiger ist es, Vitamin C als Antioxidans zuzuführen. Viele erfahrene Niacin-Therapeuten geben immer Vitamin C zusätzlich zum Niacin. In der Regel 3 x täglich 1g Vitamin C, jeweils zum Niacin nach einer Mahlzeit.
Tryptophan
Aus dieser Aminosäure kann unser Körper selber NAD bilden. Es ist allerdings ein langer Stoffwechselweg und nicht ausreichend effizient.
Vorsicht ist geboten, wenn man in der Hoffnung, mehr NAD zu bilden, mehr Tryptophan einnehmen will. Der Weg geht über den Kynurenin-Stoffwechsel, bei welchem auch vermehrt mitochondrien-schädigendes Kynurenin, OH-Kynurenin und Quinolinsäure anfallen können, insbesondere wenn man sich nicht ausreichend bewegt.
Den Tryptophanstoffwechsel kann man über den Urin sehr gut untersuchen und somit auch gleich sehen, ob vermehrt mitochondrienschädigende Substanzen vorhanden sind. Man kann mit Nahrungsergänzung und Bewegung sehr gut regulierend in diesen Stoffwechselweg eingreifen.
Wer Tryptophan braucht, um mehr Serotonin zu bilden, kann dann je nach Stoffwechsellage auf 5-OH-Tryptophan zurückgreifen. Das ist für Glaukompatienten recht interessant, da aus Serotonin auch Melatonin gebildet wird, welches sich günstig auf das Glaukom auswirken kann. Dazu mehr unten.
Infos zum Tryptophanstoffwechsel und Testkits findet man beim Biovis-Labor: www.biovis.eu. Man kann sich zu den einzelnen Tryptophantests auch einen Musterbefund anfordern per email. Darin ist auch sehr viel erklärt.
"Designer niacins"
Mit diesen gibt es noch nicht viel Erfahrung. Sie erweitern Gefäße, können auch zum Teil die Blutfette senken (1).
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Wie kann kann man auf NAD untersuchen?
Zunächst die Frage: Sollte man sich auf NAD untersuchen, wenn man ja sowieso hochdosiert behandeln will und damit jeder Normwert überschritten wird?
Hier die Gründe, die dafür sprechen:
1. In der Orthomolekularmedizin hat sich gezeigt: Je niedriger der Ausgangswert, desto mehr profitieren die Patienten von einer Behandlung.
2. Findet man erniedrigte Werte, ist das ein eindeutiger Grund, Vitamin B3 zu supplementieren. Es ist besser man weiß definitiv, dass man einen Mangel hat. Sonst kommen vielleicht später Zweifel auf.
3. Bei erniedrigten Werten kann man auch von Mängeln in anderen Organsystemen ausgehen.
4. Man erhält mit der Testung - je nach Test- noch weitere interessante Informationen, die für das Glaukom eine Rolle spielen dürften.
Welche Tests gibt es?
Zunächst möchte ich hier betonen, dass ich keine finanziellen Vorteile aus meinen Empfehlungen ziehe. Die hier angegebenen Tests sind diejenigen, die ich bisher genauer kenne und die einfach als Ausgangsbasis für alle Interessierten dienen sollen. Sehr gerne nehme ich neue Vorschläge in meine Empfehlungen mit auf.
Als Test, der nur auf NAD untersucht, habe ich im Internet nur einen für 150.- gefunden.
Ich habe bei mehreren großen Laboren angefragt, die alle NAD nicht bestimmen, auch nicht im Verbund mit anderen Werten. Den Blutspiegel von Nikotinamid messen hingegen mehrere Labore.
Das Labor Biovis bietet folgende Tests an:
Für alle Tests muss man das Testset T928 anfordern. Es ist ein Urintest, den man Zuhause machen kann und dann per Post an das Labor schickt. Eine frankierte Versandtüte und genaue Testanleitung liegen bei.
1) A685: Tryptophan-Metabolismus Plus - ca. 99.- für Selbstzahler plus Laborgebühr.
Untersucht wird auf Serotonin, Kynurenin, 3OH-Kynurenin, Kynureninsäure, Quinolinsäure, IDO-Aktivität, KMO-Aktivität, Typtophan, NAD und Neopterin.
Diesen Test verwende ich als Routine-Test, wenn ich eine Therapie mit Vitamin B3 plane. Über die zusätzlichen Messwerte bekommt man wichtige Hinweise auf:
- eine Erhöhung der mitochondrien- und nervenschädliche Substanzen Kynurenin, 3-OH-Kynurenin und Quinolinsäure.
- ob genug von der nerven- und mitochondrienschützenden Substanz Kynureninsäure vorhanden ist,
- ob die Aktivität der Enzyme IDO und KMO erhöht oder erniedrigt sind,
- ob vermehrt entzündliche AKtivität im ZNS vorliegt (Neopterin: Interferon Gamma vermittelte TH1-Aktivierung)
- ob genug Serotonin vorhanden ist.
Auf alle Parameter, die beim Glaukom eine Rolle spielen können, kann man orthomolekular Einfluss nehmen. Deshalb macht es Sinn, sie mit zu untersuchen.
2) F610: NT-Tryptophan-Metabolismus:
Hier wird zusätzlich zum A685 noch Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin bestimmt.
3) F620: NT-Tryptophan-Metabolismus Plus:
Hier wird zusätzlich zu F610 noch untersucht: Nikotinamid, Niacin, Glutamat, GABA, SAMe, TMA und TMAO, Cholin, Betain und Carnitin, BH4, Phenylalanin, Tyrosin, Methylmalonsäure (erhöht bei Vitamin B12-Mangel), Cystathionin (erhöht bei Vitamin B6-Mangel), Citrulllin, Citrat, Laktat, Pyruvat.
Dieser Test ist ideal, wenn man auch Depressionen abklären will - zusammen mit der Depressionsgenetik. Hier gibt es viele interessante Hinweise, die man dann orthomolekular angehen kann. Außerdem wird über TMA und TMAO ein weiterer Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen untersucht. TMA wird von Darmbakterien aus Cholin, Betain und Carnitin gebildet und dann von der Leber in TMAO umgewandelt. Welche der beiden Formen die eigentlich schädliche ist, weiß man noch nicht genau. Interessant für die Glaukom-Therapie ist aber hierbei, dass diese Werte einem helfen, den passenden B-Komplex zu wählen. Weiter unten erkläre ich, warum ich immer einen B-Komplex dazugeben würde. Es gibt B-Komplexe, die Cholin enthalten. Cholin ist eine sehr wichtige Substanz für unseren Körper, nicht nur zur Bildung der Zellwände. Wenn jedoch bei den Patienten TMA oder TMAO erhöht ist, dann steigt es unter Gabe von Cholin, Betain, Carnitin oder dem Verzehr von Fleisch noch weiter an.
Carnitin wird auch gerne gegeben, um die Energiebildung aus Fettsäuren zu fördern. Damit sollte man aber bei erhöhtem TMA/TMAO sehr vorsichtig sein.
Interessanterweise steigt TMA/TMAO bei vorwiegend pflanzlicher Ernährung nicht an, wenn ein Stück Fleisch (Carnitinhaltig) verzehrt wird. Vermutlich hat sich die Darmflora bei pflanzenbasierter Ernährung schon angepasst.
Sicherlich auch sinnvoll ist additiv die Messung von Melatonin im Nachtspeichel (Testset 923 bei Biovis). Es gibt ja schon Untersuchungen, dass Melatonin auch den Augeninnendruck senken kann und außerdem wirkt es im Gehirn als Antioxidans. (Ausführliches zur Rolle von freien Radikalen beim Glaukom findet sich ganz am Ende nach den Literaturhinweisen).
Gibt es Kontraindikationen?
Eigentlich gibt es keine Kontraindikationen.
Aber zu beachten ist Folgendes auf jeden Fall:
1) Vorsicht mit der Anwendung von Anwendung von Langzeit-Präparaten. Schon in den 1950er Jahren waren Versuche z.B. an der Mayo Clinic gemacht worden mit time-release Niacin-Tabletten. Man hoffte, damit den flush zu reduzieren, die Anwendung für die Patienten zu erleichtern, und ein patentierbares Produkt zu finden (4). Leider trat dabei mehr Übelkeit und Erbrechen auf sowie stärkere Leberveränderungen, so dass diese Produkte heute alle nicht mehr auf dem Markt sind (4). Man muss bedenken, dass solche Substanzen eben nicht mehr der reinen, im Körper verwendeten Form entsprechen und damit fast zwangsläufig bei einigen Patienten Probleme auslösen können.
Eine Ausnahme ist wohl Enduracin (Handelsname), welches Niacin enthält. Es wurde William P. Parsons lange mit sehr gutem Erfolg eingesetzt. Er beschreibt in seinem Buch die im Moment auf dem Markt befindlichen extended release udn time-release-Produkte genauer (4).
2) Ist Vorsicht geboten bei der Kombination mit Statinen?
a) HPS2-THRIEVE-Studie: Das Medikament Tredaptive, ein extended-realease Niacin kombiniert mit Laropiprant, wurde Patienten gegeben, die schon Statine und zum Teil auch Ezetimib einnahmen. Man wollte den zusätzlichen Effekt von Niacin testen (dann sollte man Niacin alleine geben und nicht ein Kombipräparat, von dem schon zu erwarten war, dass es eher Probleme macht). Die Studie wurde dann abgebrochen, vor allem wegen verstärkt auftretender Muskelschäden. Diese traten vor allem bei Menschen chinesischer Abstammung auf, bei denen die Raten an Muskelschäden unter Simvastatin höher waren (9).
b) Bei Patienten, die "leitliniengerecht" - also mit Statinen! - eingestellt waren wegen erhöhtem Cholesterin, hat man Stoffwechselprodukte von Niacin untersucht (10). Man meint, diese könnten dafür verantwortlich sein, dass Statine das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse nicht noch weiter senken. Also dass bei Patienten, die höhere Niacin-Spiegel hätten, der Effekt der Statine gebremst würde. Der Artikel ist leider nicht öffentlich zugänglich und erwähnt im Abstract nicht das Wort Statine. Leitliniengemäß eingestellte Patienten bekommen aber in der Regel Statine.
Wenn man deren Logik zuende denkt, müsste man zu dem Schluss kommen, dass Patienten, die Statine nehmen, kein Vitamin B3 zu sich nehmen sollten.
Das würde dann dazu führen, dass diese statin-behandelten Patienten nicht nur einen Q10-Mangel riskieren (Statine hemmen nämlich die körpereigenen Q10-Produktion über Hemmung der HMGCoA-Reduktase), sondern auch noch einen Mangel an B3 riskiert würde. Beide Substanzen sind immens wichtig für die Energiegewinnung in unseren Mitochondrien.
Der Artikel folgert in seinem Abstract, dass alle Hinweise zusammen darauf hinweisen würden, dass Niacin schädlich sein könnte. Man muss das schon wissenschaftlich lesen: Es sind Hinweise, denen man sicherlich nachgehen sollte. Es ist aber sehr gewagt, daraus zu schließen, dass eine Therapie mit Niacin das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen erhöhen könnte, wo es schon große Studien mit tausenden Patienten gibt, die eindeutig den sehr guten Effekt von Niacin auf kardiovaskuläre Ereignisse herausstellen und sogar die Gesamtsterblichkeit abnimmt.
Mit solchen Artikeln wird der positive Effekt von Vitamin B3 auf die gesamte Gesundheit schlechtgeredet.
Die Pharmazeutische Zeitschrift beschreibt diesen Artikel mit der Überschrift: "Niacin-Überschuss könnte die Gefäße schädigen". Es wird dann sogar darauf hingewiesen, dass sich die Ergebnisse mit der unter a) erwähnten. HPS2-Thrive-Studie decken würden, in der auch der negative Effekt von Niacin festgestellt worden sei. Auch in der pharmazeutischen Zeitschrift wird nicht erwähnt, dass es sich hier um Untersuchungen bei gleichzeitiger Gabe von Niacin mit Statinen handelt und dass es sich in der HPS2-Thrive-Studie sogar um ein extended-Realease-Niacin gehandelt hat, von dem man sowieso weiß, dass man es nicht anwenden sollte.
In einer Diskussion, die das Wohl des Patienten im Fokus hat, muss differenzierter argumentiert werden. Satt dessen werden Überschriften kreiert, die alleinig einen negativen Effekt von Niacin postulieren und die Leser damit verunsichern.
Die Pharmazeutische Zeitschrift schreibt sogar, dass auch in der AIM-HIGH-Studie festgestellt worden sei, dass die Gabe von Niacin bei Menschen, die bereits niedrige Werte von LDL-Cholesterol aufwiesen, zu einer Verschlechterung der kardiovaskulären Ergebnisse führte (https://www.pharmazeutische-zeitung.de/niacin-ueberschuss-koennte-die-gefaesse-schaedigen-145643/)
Das ist falsch. Die Ergebnisse der AIM-HIGH-Studie lauten: Die Studie wurde gestoppt, weil nach einer mittleren Nachbeobachtung von 3 Jahren keine Effizienz nachweisbar war. Nach zwei Jahren wurde das HDL signifikant von 35mg/dl auf 42mg/dl gehoben, die Triglyceride von 164mg/dl auf 122mg/dl gesenkt und LDL von 74mg/dl auf 62mg/dl gesenkt. Also war doch ein Effekt da. Auf jeden Fall wurden keine negativen Ergebnisse festgestellt. Es waren 3414 Patienten, die alle 40-80mg Statine plus 10mg Ezetimib bekommen hatten und entweder 1500mg - 2000mg Niacin pro Tag (11).
In der Einführung der AIM-HIGH-Studie steht sogar, dass man die AIM-HIGH Studie auch deshalb durchführt, weil schon vorher so gute Ergebnisse der zusätzlichen Gabe von Niacin beschrieben worden waren: In der HDL-Artherosclerosis Treatment Study (HATS) (12) war gezeigt worden, dass eine Behandlung mit Simvastatin und Niacin zu einer signifikanten Reduktion der angiographisch nachweisbaren Atherosklerose der Koronargefäße rühfte und einer Reduktion der Rate klinischer Ereignisse führte (11).
Es gibt eine Seite "clinicaltrials.gov", auf der die AIM-Studie die HIntergründe für ihre Untersuchungen beschreibt. Dort schreiben sie, dass in der HATS-Studie, das Fortschreiten der Atherosklerose praktisch gestoppt wurde und kardiovaskuläre Ereignisse um 60-90% reduziert wurden. Letztere Zahlen sind im eigentlichen AIM-Artikel nicht mehr erwähnt.
Bei clinicaltrials.gov steht auch noch einmal, dass die AIM-HIGH-Studie abgebrochen wurde, weil kein Effekt sichtbar war in Hinblick auf die Verhinderung koronarer Herzerkrankung. Das heißt, es war kein Studienabbruch aufgrund negativer Ergebnisse. Die AIM-HIGH-Studie wurde 2011 veröffentlicht. Bereits 1966-1974 wurde das Coronary Drug Project durchgeführt, in der 7.700 Männer zwischen 35 und 60 Jahren, die schon mindestens einen Herzinfarkt gehabt hatten rekrutiert wurden. Nach 5 Jahren war ein Unterschied in der Niacin-Gruppe gegenüber Placebo zu erkennen, jedoch noch nicht statistisch signifikant. 9 Jahre nach Beendigung der Studie - in der die Teilnehmer kein Niacin mehr nahmen - war der Unterschied jedoch signifikant mit reduzierter Gesamtsterblichkeit. Da Das Coronary Drug Project die erste und sehr große placebo-kontrollierte Studie war, die den positiven Effekt von NIacin zeigte, sollte sie allen Studiendesignern bekannt sein, die jetzt den Effekt von NIacin untersuchen wollen. Da ist es schon seltsam, dass eine Studie nach max 3 Jahren abgebrochen wird, aufgrund mangelnden Effekts, wenn von vorneherein klar ist, dass man in dieser Zeit noch nichts nachweisen kann....oder wurde sie abgebrochen, bevor sie den positiven Effekt zeigen könnte? "Abbruch" macht sich gut, und so wird die AIM-HIGH-Studie jetzt herangezogen um den negativen Effekt von NIacin zu belegen - wer machts sich schon die Mühe und schaut genauer nach.
Voraussetzungen für eine möglichst effiziente und nebenwirkungsarme Therapie. Teil 1: Wozu dieser Extraaufwand?
Man kann natürlich einfach nur Vitamin B3 geben, was sich bisher ja in vielen Studien bewährt hat. Jedoch kommt es hin und wieder vor, dass jemand das B3 gar nicht gut verträgt und sich schlechter fühlt. In den Büchern über Niacin habe ich bisher nur gelesen, dass einige Patienten die Therapie nicht vertragen. Eine Erklärung, warum das so sein könnte, fand ich bisher nicht. Allerdings habe ich inzwischen einige eigene Erfahrung mit der Hochdosistherapie gesammelt und bei einer Patientin, die weder Q10 noch Niacin gut vertragen hat, festgestellt, dass das antioxidative System nicht stark genug war. Ich werde das unten genauer erklären. Die Konsequenz ist für mich, dass man das antioxidative System als erstes untersuchen und stärken sollte. Denn es ist schade, wenn jemand aufgrund eines übereilten Startes von der ganzen Behandlung Abstand nimmt.
Jetzt aber erst mal ganz von vorne:
Ein Stoffwechselprozess kann nur optimal ablaufen, wenn alle dafür notwendigen Substanzen vorhanden sind.
Das gilt natürlich auch für die Energiegewinnung in den Mitochondrien, für die Vitamin B2, Vitamin B3, Coenzym Q10 und ein gut funktionierendes Cytochrom C, Antioxidantien und möglichst ein funktionierender Zitratzyklus nötig sind.
Wenn wir also B3 hochdosiert geben, funktioniert dieser Schritt gut, aber das heißt noch lange nicht, dass die Atmungskette ideal funktioniert. Wenn zum Beispiel ein Mangel an Coenzym Q10 besteht, oder an Vitamin B2 (selten), dann ist der ganze Prozess nicht so effektiv.
Gleiches gilt übrigens auch für die Therapie der trockenen Makuladegeneration. Bei der geographischen Atrophie hat man festgestellt, dass man das Cytochrom C der Mitochondrien mit Infrarotlicht anregen kann. Man fragt sich aber noch, warum die Therapie nicht bei allen Patienten erfolgreich ist. Man müsste eine Studie machen, bei der die Blut/Urin-Spiegel aller beteiligten Faktoren erfasst und ggf. vorher ergänzt werden, um zu sehen, ob die Ergebnisse dann nicht besser sind.
Zum besseren Verständnis der Pathogenese des Glaukoms sowie der Besonderheiten in der Therapie der Mitochondrien ist es wichtig, etwas über die Funktionsweise der Mitochondrien zu verstehen:
1) Der Hauptmechanismus der Energiegewinnung in den Mitochondrien ist die oxidative Phosphorylierung in der Atmungskette. Oxidative Phosphorylierung heißt letztlich nur, dass unter Hinzuziehung von Sauerstoff eine Phosphatgruppe angehängt wird. Sie wird an das ADP (Adenosindiphosphat) gehängt, um ATP (Adenosintriphosphat) zu generieren. ATP ist unser "Energiemolekül".
Die Atmungskette besteht aus vier Eiweißen, die in der inneren Wand der Mitochondrien nebeneinander aufgereiht liegen, quasi wie vier Maschinen in einer Fertigungsreihe, als deren Endprodukt ATP entsteht.
2) Wo gehobelt wird, da fallen Späne und wo geschweißt wird fliegen Funken.
Beides ist der Fall in den Mitochondrien. Späne fallen an in Form von Stickstoff-Sauerstoff-Radikalen, Funken in Form von Sauerstoffradikalen. Wenn sich beide verbinden, sich also die Späne entzünden, besteht große Gefahr für die ganze Fabrik. Wenn sich die beiden Formen verbinden, entsteht das sehr aggressive Radikal Peroxynitrit. Dieses bindet irreversibel an alle Transitionsmetalle und blockiert damit unwiederbringlich alle Enzyme, die mit solchen Transitionsmetallen arbeiten. Solche Enzyme sind beteiligt an der Energiegewinnung, der Umwandlung von Cholesterin in Gallensäuren, der Entgiftung von Fremdstoffen und Alkohol, der Bildung von Schilddrüsenhormonen und Steroidhormonen, der Funktion der weißen Blutkörperchen, dem Melaninstoffwechsel, der Kollagenbildung (Bindegewebe, Knorpel, Knochen, der Bandscheibenfestigkeit), dem Abbau von Kohlehydraten, dem Abbau des roten Blutfarbstoffes, dem Phosphatstoffwechsel, dem Harnsäurestoffwechsel und anderen (3).
Des Weiteren oxidieren die freien Radikale die Wände unserer Zellmembranen und auch der Mitochondrienmembranen, welche sehr viele ungesättigte Fettsäuren enthalten. Diese ungesättigten Fettsäuren halten die Zellwände in einem flüssigen Zustand. Dieser flüssige Zustand ist wichtig für einen gut funktionierenden Transport von Substanzen durch und in dieser Membran. Einzelsubstanzen der Atmungskette müssen durch die Zellmembran von einem Atmungsketten-Enzym zum nächsten wandern können. Sind die Fette aber oxidiert, ist das, wie wenn Pflanzenöl zur Margarine aushärtet. Die Zellwände werden zähflüssig, der Stofftransport wird erschwert.
3) Damit die unter 2) genannten Schäden nicht eintreten, sind in den Mitochondrien antioxidative Enzyme vorhanden, die die freien Radikale neutralisieren. Das erste von ihnen ist in den Mitochondrien die SOD2 (Mn) (Superoxiddismutase 2 - manganabhängig) und dann die Katalase (3).
Ein Problem entsteht also immer dann, wenn nicht genug von diesen Enzymen vorhanden sind:
4) Dies ist zum Beispiel der Fall bei schwankender Durchblutung: Ist die Durchblutung schwach, kommt der Stoffwechsel erst einmal zum Erliegen. Setzt die Durchblutung wieder ein, arbeiten die Mitochondrien besonders stark, weil ein sehr großer Bedarf an Energie entsteht. Die Menge der antioxidativen Enzyme ist aber nicht entsprechend angepasst, so dass eben doch einige Funken in Brand geraten.
Auf diese Weise leiden die Mitochondrien im Auge, wenn der Augeninnendruck steigt, und die Mitochondrien im Gehirn bei intermittierendem Blutdruckabfall oder verminderter Durchblutung anderer Genese.
Man kennt das Phänomen von Herztransplantationen. Es gab eine Studie, in der gezeigt werden konnte, das diese sogenannten Reperfusionsschäden deutlich geringer ausfallen bei Gabe von 3 x 40mg Ginkgo Biloba extrakt, welches antioxidativ wirkt.
Das Gleiche passiert, wenn Hobbysportler nicht regelmäßig trainieren sondern sich nach Pausen übermäßig belasten. Dabei entstehen viele Kollateralschäden.
Kurz gesagt: Das antioxidative System sollte nicht aus den Augen verloren werden.
5) Wenn wir die Atmungskette anschieben, indem wir hoch dosiert Vitamin B3 oder Coenzym Q10 geben oder auch mit zu intensiver Lichttherapie das Cytochrom c der Atmungskette anregen, kann dasselbe Phänomen der überstarken Belastung mit freien Radikalen eintreten. Messbar ist das z. Bsp. anhand der über Monate zunehmenden Lipidperoxidation.
Schließlich muss noch erwähnt werden, dass sich durch die Behandlung mit Nikotinamid einige Blutwerte verändern können:
1. Können die Leberwerte ansteigen. Das ist aber in diesem Fall kein Zeichen von Leberzellschäden, sondern eines gesteigerten Stoffwechsels in der Leber. Ein Anstieg auf das Doppelte des Normwertes ist dabei tolerabel. Wenn sie aber auf das dreifache steigen sollten, wird zur Dosisreduktion geraten. Dem Patienten und seinem Hausarzt sollte mitgeteilt werden, wie nun - unter der Einnahme von Nikotinamid - die neuen "Normalbefunde" aussehen.
2. Der Blutzucker könnte sich leicht verändern.
3. Da auch das Nikotinamid eine cholesterinsenkende Wirkung hat (wenn auch nicht so stark wie Niacin), so wäre es doch interessant, den Einfluss auf LDL/HDL/ Triglyceride und evlt. Lipoprotein a zu beobachten.
Voraussetzungen für eine möglichst effiziente und nebenwirkungsarme Therapie. Teil 2: Welche Parameter sollte man vor der Therapie abklären?
Hier folgt erst eine ausführlichere Erklärung, am Ende dann eine Kurzanleitung.
Sind alle Substrate ausreichend vorhanden, die für die Energiebildung in den Mitochondrien nötig sind?
Hierzu gehören:
1) NAD - wie man das untersuchen kann habe ich oben ausführlich erklärt.
2) Coenzym Q10 - am genauesten ist sicherlich der lipidkorrigierte Wert, jedoch reicht im Normalfall der einfache Wert, wenn keine erhöhten Fettwerte bisher auffällig waren.
3) Vitamin B2 (FAD) messe ich bisher nicht, da ich so gut wie immer einen B-Komplex verordne, in dem auch B2 (Riboflavin) enthalten ist. In der Regel färbt sich bei der Einnahme vom B-Komplex der Urin gelb, was anzeigt, dass genug Vitamin B2 vorhanden ist und das überschüssige B2 ausgeschieden wird. B-Vitamine sind ja wasserlöslich und reichern sich deshalb nicht in pathologischen Konzentrationen im Körper an.
4) Cytochrom C: Hier ist mir bisher keine Messmethode und deren praktische Konsequenz bekannt.
Besteht eine übermäßge Belastung mit freien Radikalen?
Hierzu gibt es mehrere Untersuchungen.
a) Oxidativer Stress (Sauerstoff-Radikale) wird angezeigt über die Lipidperoxidation (im Serum). Aber auch zu viel oxidiertes Glutathion (B2- und B3-Mangel) und erhöhtes Malondialdehyd (Vitamin E-Mangel) zeigen oxidativen Stress an. Auch eine erhöhte Gamma-GT ist ein Hinweis auf oxidativen Stress. Schließlich gibt es noch
8-Hydroxydesoxyguanosin als Marker für DNA-Oxidationsschäden.
b) Nitrosativen Stress (Stickstoff-Sauerstoff-Radikale) kann man über Citrullin im Urin oder Nitrothyrosin im EDTA-Blut bestimmen. Ein erhöhtes Malondialdehyd im Urin zeigt einen Mangel an Vitamin B12 an, welches als ganz wichtiges Antioxidans gegen nitrosativen Stress wirkt.
Sind genug Antioxidantien vorhanden?
a) Vitamin E als erstes Antioxidans in den Zellwänden wird über Malondialdehyd MDA bestimmt, welches bei Mangel von Vitamin E anfällt. (MDA bildet ungewünschte Querverbindungen zu Aminosäuren und kann Autoimmunerkrankungen auslösen).
b) Vitamin C kann man zwar im Serum testen, die Tagesschwankungen sind aber sehr groß, so dass man besser den individuellen Bedarf bestimmt (siehe weiter unten auf dieser Seite nach den Literaturhinweisen) oder gleich 3 x täglich 1 Gramm einnimmt, welches der Menge entspricht, die Tiere bilden, wenn sie gesund sind (umgerechnet auf unsere Körpergröße).
c) Glutathion als einem der wichtigsten Antioxidantien (nicht nur in der Schilddrüse und der Augenlinse) und wichtigem Stoff zur Entgiftung in der Leber: Oxidiertes, reduziertes und Gesamt-Glutathion.
d) Coenzym Q10 ist nicht nur an der Energiegewinnung in den Mitochondrien beteiligt, sondern auch ein wichtiges Antioxidans.
e) Spurenelemente wie Selen, Mangan, Kupfer und Zink wirken mit bei antioxidativ wichtigen Enzymen: Die Vollblutmineral-Analyse bei Biovis misst diese günstig im Vollblut. Diese Werte repräsentieren die intrazellulären Verhältnisse, was Mängel schneller aufzeigt als die Bestimmung im Serum.
f) Die Aktivität der manganabhängigen Superoxid-Dismutase 2 in den Mitochondrien kann getestet werden. Wie im vorherigen Abschnitt erwähnt ist sie immens wichtig, um Nebenwirkungen der vermehrten Energiebildung in den Mitochondrien zu vermeiden. Man kann auch die genetische Ausstattung mit SOD messen. So kann man erkennen, ob man evtl. von Haus aus eine schwächere Versorgung mit SOD hat und diese als Nahrungsergänzungsmittel zuführen.
g) Melatonin ist ein wichtiges Antioxidans im zentralen Nervensystem. Es gibt schon einige Untersuchungen, die zeigten, dass es den Augeninnendruck etwas senken kann (6).
Sonstige Parameter:
a) Für die Entgiftung und das Immunsystem sind Vitamin A und D sehr wichtig. Vitamin D kann ohne Vitamin A nicht arbeiten, da beide zusammen am Rezeptor binden müssen. Es gibt einige Menschen, die von Haus aus nicht genug Vitamin A aus dem Beta-Carotin der Nahrung bilden können. Ein funktionierendes Immunsystem ist auch für die Mitochondrien wichtig, da diese durch Infektionen geschwächt werden können.
b) Schwermetallbelastung, insbesondere hohe Eisenspiegel (Ferritin) führen zu verstärkten Oxidationen (Fenton-Reaktion).
Als Mindestuntersuchung vor Durchführung der B3-Hochdosistherapie halte ich für sinnvoll:
Lipidperoxidation
SOD2 (= manganabhängige Superoxiddismutase)
Vollblutmineralanalyse midi von Biovis (oder entsprechende von anderen Laboren)
Nitrothyrosin + Methylmalonsäure
Malondialdehyd
Coenzym Q10 (im Zweifel die lipidkorrigierte Messung, die andere geht aber auch wenn keine erhöhten Blutfettwerte vorliegen)
Glutathion oxidiert und reduziert
Urintest auf NAD (siehe obiges Kapitel)
Leberwerte GOT, GPT, y-GT
Sinnvolle Ergänzungen sind:
Vitamin A und D
Homozystein
Melatonin
Anmerkung zum Homozystein. Dies ist ein bekannter Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall, der von den Hausärzten aber oft nicht mituntersucht wird, obwohl er sich durch die Vitamine Folsäure (B9), B12 udn B6 leicht senken läßt.
Ist Homozystein erhöht, steht auch für den Patienten die Einnahme eines guten B-Komplexes außer Frage.
Anmerkung zur Vollblutmineral-Analyse von Biovis: Man betrachtet nur die korrigierten Werte und von denen nicht den Eisenwert. Er hat keine therapeutische Relevanz. Eisen ist ja auch sehr wichtig im Körper. Wenn man den Eisenspiegel messen möchte, sollte man das Ferritin bestimmen und dazu gleich Transferrin und die Transferrin-Sättigung. Bei chronischen Infektionen möchte der Körper das Eisen nicht aufnehmen, da es Oxidationen fördert. Dann bildet die Leber Hepcidin, welches den Darmschleimhautzellen signalisiert, dass das Eisen nicht gewünscht wird und nicht aus den Darmschleimhautzellen heraus abgegeben werden soll. Hepcidin kann man messen.
Voraussetzungen für eine möglichst effiziente und nebenwirkungsarme Therapie. Teil 3: Wie kann man auffällige Untersuchungsbefunde behandeln?
1) Lipidperoxidation
Diese läßt sich leicht durch Gabe von Vitamin C senken. Zum Vitamin C und seiner Dosierung gebe ich genauere Infos nach den Literaturangaben.
Auch durch Gabe der anderen Antioxidantien - wo Mängel bestehen - wird die Lipidperoxidation abnehmen. Entscheidend ist aber auch, die Usachen für eine vermehrte Entstehung von freien Radikalen, wie psychischen Stress und die Belastung mit Fremdsubstanzen zu senken (detailliertes dazu unten nach den LIteraturangaben).
Die Obergrenze des Normalbefundes wird bei Biovis mit 200 angegeben. Allerdings ist ein richtig guter Wert im niedrigen zweistelligen Bereich.
Die erhöhte Lipidoxidation ist übrigens ein Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall. LDL wird erst richtig gefährlich, wenn seine Fette oxidiert sind.
2) SOD (Mn)= manganabhängige Superoxid-Dismutase
Diese kann man als Nahrungsergänzungsmittel einnehmen. Z. Bsp. einmal täglich 280 IE.
3) Selen
Kann man über Paranüsse zu sich nehmen (durchschnittlich 1-2 Nüsse am Tag, gut waschen und trockenrubbeln wegen möglicher Schimmelbelastung, Gerüchte über radioaktive Belastung konnte ich mit dem Geigerzähler nicht bestätigen),
oder als Nahrungsergänzung: Hier ist Na-Selenit zu bevorzugen, da sich Selen-Methionin anreichern kann und zu Überdosierungen führen kann. Na-Selenit in der Regel ca. 50 Mikrogramm täglich. Zeitlich mind. 1 Stunde getrennt vom Vitamin C einnehmen, sonst ist die Resorption schlechter.
4) Mangan
Da selten ausgeprägte Mängel bestehen, sondern in der Regel der Wert nur im unteren Normbereich und nicht ganz im präventivmedizinischen OPtimalbereich, rate ich nur dazu, mehr Hülsenfrüchte zu essen, bzw. diese vorher über Nacht einzuweichen. Das Einweichen bewirkt die Freisetzung der Mineralstoffe aus den Samen, die sonst an Phytinsäure gebunden sind. Die Hülsenfrüchte schmecken dann auch aromatischer. Man kann auch Essener Brot kaufen. Bei dieser Brotsorte werden die Saaten vor dem Backen ebenfalls länger eingeweicht = angekeimt.
Vorsicht: Zu hohe Werte können Demenz fördern und die Schilddrüse schwächen.
5) Zink
Zu bevorzugen sind als Präparate Zinkpicolinat (Picolinsäure bildet der Körper auch selber um Zink aufnehmen zu können) oder als flüssiges Zink-Sulfat.
Übliche Tagesdosis bei leichtem Mangel oder prophylaktisch: 15mg
Wenn bei Biovis der Wert schon im rötlichen oder roten Mangel-Bereich liegt, braucht es deutlich mehr Zink um den Blutspiegel zu heben: 3-4 mal täglich 15mg.
Höhere Dosierung wird unter Umständen vom Magen nicht gut vertragen.
Wenn Längsrillen an den Fingernägeln bestehen, spricht das für einen ausgeprägten Zinkmangel. Dann ist sicherlich eine langfristige Einnahe nötig, um den Gehalt im Körper wieder aufzustocken.
Nicht zusammen mit Magnesium nehmen, weil sich die Aufnahme dadurch mindern soll. Es wird immer dazu geraten, Kupfer ebenfalls zu supplementieren, weil das viele Zink die Kupferaufnahme behindern könnte. Wenn der Kupfer-wert im Vollblut aber im Normbereich ist, braucht es das meiner Erfahrung nach nicht. Man kann bei der nächsten Kontrolle das Kupfer mal mitbestimmen. Bei chonischen Infekten oder supplementierung mit Östrogen-Produkten kann das Kupfer auch erhöht sein. Zink und Kupfer sind meist beide in Lebensmitteln vorhanden.
6) Nitrothyrosin
Hier gilt es, einen Vitamin B12-Mangel auszugleichen. Ob bei dem Patienten persönlich ein Mangel besteht erkennt man am besten an der Methylmalonsäure. Denn diese ist dann erhöht. Bestimmt man nur den Blutwert von B12 oder Holo-Transcobalamin erfährt man letztlich nur, ob der Wert ungefähr so hoch ist wie bei den "scheinbar" gesunden Vergleichspersonen. Im Einzelfall kann der Bedarf jedoch deutlich höher liegen. Insgesamt sollte der Blutspiegel der B-Vitamine im oberen Normbereich liegen.
Vitamin B12 sollte man in Form von Methylcobalamin und Adenosylcobalamin supplementiert werden. Hydroxycobalamin ist auch in Ordnung, muss aber erst noch in die eigentlich benötigten Formen umgebaut werden. Aus orthomolekularer Sicht tabu ist Cyanocobalamin. Dieses enthält Cyanid, ein Zellgift, welches in 6 Stoffwechselschritten entgiftet und in die eigentlich wirksame Form umgebaut werden muss. Da die meisten Apothekenprodukte Cyanocobalamin enthalten (zum Glück in kleinen Mengen), wundert es nicht, dass in Untersuchungen ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko festgestellt wurde bei denjenigen Menschen, die mehr Vitamin B12 einnahmen.
Auch hier gilt, dass Reduktion von Stress und Fremdsubstanzen die Belastung mit nitrosativem STress senkt. Bei hohen Werten sollte man auch immer Fragen, ob evtl. ein Unfall mit Beteiligung des Kopfes stattgefunden hatte. Dabei kann sich die Stellung des ersten und zweiten Halswirbels so verschieben oder instabil geworden sein, dass vermehrt nitrosativer Stress entsteht (wegen der NÄhe zu wichtigen Nervenbahnen). Dieser Stress kann sich auf den ganzen Körper auswirken. Bei kleinen Kindern kann ein kräftiges Ziehen am Ohr schon zu einer Verschiebung führen. Oder eine Skoliose der Wirbelsäule kann zu einer Fehlstellung führen. Dr. Kuklinski hat das in einem Buch ausführlich beschrieben (5). Man findet aber auch eindrucksvolle Infos bei Atlantomed im Internet. Sie haben auch Physiotherapeuten ausgebildet, die diese Fehlstellung auf sanfte Art korrigieren können.
7) Malondialdehyd
Zeigt auch hier, ob der persönliche Bedarf mit Vitamin E gedeckt ist und nicht ob man vom Blutwert im Bereich der anderen gesunden Menschen liegt.
Meist liegt der Wert im Normbereich. Wenn er erhöht ist, gebe ich ein Präparat mit allen 8 E-Vitamineren, da das alpha-Tocopherol, das üblicherweise in Vitaminpräparaten enthalten ist, gar nicht das wichtigste ist. Man hielt es für das wichtigste, weil es den höchsten Blutspiegel bei Messungen hatte. Zum Beispiel Vitamin E8 von vitals.eu. Zunächst eine Woche lang täglich eine Kapsel, dann eine Kapsel pro Woche.
8) Coenzym Q10
Es gibt zwei Formen von Q10:
Ubiquinol ist die reduzierte, also antioxidativ wirksame Form. Sie ist teurer.
Ubiquinon ist die oxidierte Form, die vom Körper erst wieder in die reduzierte umgewandelt werden muss. Sie ist billiger, verbraucht allerdings körpereigene antioxidative Kapazität bei der Umwandlung in die reduzierte Form.
Vom Ubiquinol gilt das Kaneka-Ubiquinol als das Beste.
Wenn man ganz auf Nummer sicher gehen will, weil manche Menschen das Ubiquinol nicht gut über den Magen-Darm-Trakt aufnehmen, dann kauft man eine Nanozubereitung. Z.Bsp. QuinoMit fluid. Man gibt ein paar zähflüssige süße (Glycerin kein Zucker) auf die Zunge und belässt es eine Weile im MUnd. Dann schluckt man es. Vorzugsweise vor dem Essen, weil das Q10 mit der Nahrung besser aufgenommen werden soll.
Auf vielen Präparaten ist nicht vermerkt, welches Q10 darin enthalten ist. Vor einigen Jahren habe ich bei einigen Firmen nachgefragt. Es war fast immer Ubiquinon oder sogar nur ein Molekül, dass dem Q10 ähnelt. Also nur kaufen, wo explizit draufsteht was drinnen ist.
Ein deutlicher Mangel liegt vor bei Werten unter 0,7. Dann hat der Körper auch nicht viel Kraft und keine Lust mehr, sich zu bewegen. Steigt der Wert, merkt man das deutlich.
Die therapeutische Wirkung nimmt um den Wert 2,5 sprunghaft zu, um dann bei spätestens einem Wert von 3 nicht mehr viel Effekt zu bringen.
Leistungssportler steigern ihre Einnahme oft bis zu Werten von 5 oder mehr.
Hier gilt wie beim B3: Nicht sofort hohe Dosen einnehmen. Erst mal mit 30mg am Tag anfangen und nach einem Monat schauen, was sich tut. Manche Menschen füllen ihre Spiegel sehr schnell auf, andere brauchen deutlich mehr, dann steigert man auf 100mg.
9) Glutathion
Bei Glutathionmangel, welches aus den Aminosäuren Glutamin, Glycin und Cystein besteht, fehlt den Patienten in der Regel das Cystein, um Glutathion aufbauen zu können. Das liegt daran, dass Cystein mit seiner Schwefelgruppe für sehr viele Stoffwechselprozesse benötigt wird, auch zum Entgiften. Bei fast allen Patienten, bei denen ich die Aminosäure im Blut bestimmt habe, bestand ein Mangel an Cystin = Cystein. Bei niedrigem Glutathion reicht es deshalb in der Regel Cystein zu ergänzen - das ist günstiger als Glutathion.
Cystein hat noch weitere Vorteile: Es bekämpft Neurotoxizität im ZNS und neutralisiert Gifte – bevorzugt im Hippocampus. Es schützt neuronale Mitochondrien vor oxidativem Stress, verhindert Schwellung, Berstung und ATP-Freisetzung. Es reduziert Gehirnödeme und Entzündungen im gesamten peripheren Nervensystem.
Außerdem hemmt es die Biofilmbildung von Bakterien, mindert Entzündungen und soll speziefisch wirksam sein bei Borreliose-Koinfektionen (laut Stephen Harrod Buhner).
Nun geht es aber nicht nur darum die Menge an Glutathion insgesamt zu erhöhen, sonder auch darum, den Anteil von reduziertem Glutathion am Gesamtglutathion zu erhöhen, der bei 81-93% liegen sollte. In diesem Fall helfen die Gabe der Vitamine B2 und 3, welche Cofaktoren der Glutathion-Reduktase sind, und die Gabe anderer Antioxidantien, die dadurch den Bedarf an Glutathion senken.
10) Vitamin D
Bis zu einem Spiegel von 135nmol/l bzw. 55ng/l profitiert das Immunsystem von Vitamin D3. Bei höheren Spiegeln hat es eher eine cortisonartige Wirkung aufgund seiner steroidalen Ringstruktur.
Wenn man den Vitamin D-Spiegel schnell und gezielt auffüllen möchte, dann kann man folgendermaßen vorgehen:
Beispiel: Ein Patient mit dem Wert 26ng/ml und einem Körpergewicht von 70kg. Zielwert: 125nmol/l
1. Umrechnung von ng/ml in nmol/l: 26ng/l mal 2,5 =65nmol/l
2. Berechnung des Mangels: 125nmol/l minus 65 nmol/l = 60 nmol/l
3. Berechnung der fehlenden Einheiten an Vitamin D:
60 nmol/l mal 40 mal Körpergewicht in kg = 60x40x70= 168.000 Einheiten.
Diese kann man dann in 20.000er aufteilen, d.h. dass der Patient 8 Tage hintereinander 20.000 Einheiten zu sich nehmen kann (immer mit Vitamin K2 kombiniert), um den gewünschten Blutspiegel zu erreichen (nach Uwe Gröber).
Danach kehrt man zu der Dosierung zurück, von der man annimmt, dass der Patient damit gut zurecht kommen müsste und testet jeweils Ende September und Ende April. So sieht man, ob die angewendete Dosierung über den Winter, bzw. den Sommer passend gewählt wurde. Aus obiger Rechnung ist auch klar ersichtlich, dass schwerere Menschen mehr Vitamin D benötigen.
11) Vitamin A
Vitamin A ist ein Hormon. Ein Hormon welches noch dazu Krebs auslösen kann. Deshalb sollte man es nur geben, wenn der Verdacht besteht, dass der Patient dieses nicht selber ausreichend aus der Nahrung bilden kann.
Bei anamnestisch gesunder Ernährung regelmäßg rotem und gelbem Obst und Gemüse hat der Mensch in der Regel genug Carotinoide und Beta-Carotin, um sein Vitamin A selber bilden zu können. In diesem Fall reicht es aus, den Vitamin A-Spiegel zu messen. Dieser wird entweder irgendwo im Normbereich liegen, dann braucht man nicht supplementieren, oder ein deutlicher Mangel bestehen - so ist meine bisherige Erfahrung. Wenn Vitamin A im Serum deutlich erniedrigt ist, liegt auf jeden Fall ein starker Mangel vor. Es sei denn es besteht ein extremer Zinkmangel, denn Zink ist verantwortlich für die Bildung des Vitamin-A-Transportierenden (RBG) Eiweißes (Vitamin A ist ja fettlöslich). Bei deutlichem Vitamin A-Mangel muss man supplementieren. Sicherlich kann man eine kurze Zeit etwas höher dosiert Vitamin A geben, dann sollte man aber auf eine kleinere Tagesdosis wechseln. Z.Bsp. 2000 IE am Tag und den Spiegel kontrollieren.
12) Homozystein
In meiner Ausbildung habe ich einen Zielwert von kleiner 8 gelernt.
Bei leichter Erhöhung ohne bisherige Einnahme von B-Vitaminen reicht es, einen B-Komplex mit 400mcg Folsäure einzunehmen.
Bei Werten von über 15, sicher aber bei Werten über 20 sollte unbedingt zusätzlich zum B-Komplex noch Folsäure, am besten mit B12 zusammen eingenommen werden um den Homozysteinwert schneller zu senken, das das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko dann deutlich erhöht ist. Eine Kontrolle würde ich nach 3 Monaten vornehmen. Wenn der Spiegel passt, kann die zusätzliche Folsäure wieder abgesetzt werden.
Wie ist Vitamin B3 einzunehmen?
Welche Dosis ist passend?
Die Studien mit Glaukompatienten, von denen ich bisher gehört habe, verwendeten 3 mal täglich ein Gramm Nikotinamid.
Das entspricht der Dosis, die Dr. Abraham Hoffer standardmäßig jahrzentelang seinen Patienten als therapeutische Dosis gab.
Dr. William Kaufman behandelte leicht Fälle von Arthrose mit nur 400mg Nikotinamid am Tag, allerdings war es unbedingt erforderlich diese auf 4 x 100mg aufzuteilen, sonst blieb der Erfolg aus.
2007 hat sich eine Gruppe von 22 unabhängigen Forschern und Ärzten zusammengesetzt und eine Empfehlung von 300mg als tägliche Einnahme von Erwachsenen empfohlen (1).
Solange wir keine Dosis-Findungs-Studien bezüglich des Glaukoms vorliegen haben, müssen wir uns also entweder streng nach den bisherigen Erfahrungen mit 3x 1000mg richten, oder unter OCT-Kontrolle andere Dosierungen anwenden.
Je fortgeschrittener das Glaukom und je mehr sonstige Beschwerden für die Einnahme von Nikotinamid sprechen, desto höher wird man dosieren.
Für eine hochdosierte Einnahme sprechen natürlich erhöhte Cholesterinwerte, Arthritis und Arthrose, Demenz, Schizophrenie, bipolare Störungen, Depressionen, Durchblutungsstörungen. Einzelheiten dazu findet man in dem umfassenden Werk: Niacin - the real story (1).
Gibt man gleich die volle Dosis?
Alle Therapeuten, von denen ich die genauere Vorgehensweise gelesen habe, geben nicht gleich die volle Dosis.
a) Parsons (4) der Niacin 40 Jahre lang anwendete, steigert zur Senkung der Blutfettwerte Niacin (in Form von Enduracin, welches Niacin langsamer abgibt) pro Woche um 1 Gramm bis zur dritten Woche, dann kontrolliert er die Fettwerte nach der vierten Woche und steigert dann alle 4 Wochen weiter, bis eine Änderung der Werte eintritt oder die Leberwerte zu hoch werden.
b) In den Glaukomstudien startet man mit 3 x 500mg und steigert nach 2 Wochen auf 3 x 1000mg.
c) Robert W. Smith und Andrew W. Saul, erfahrene Orthomolekularmediziner raten diesen Patienten dazu, mit sehr kleiner Menge zu beginnen: 25mg am Tag, dann alle paar Tage 25mg mehr, bis man bei 4x 25mg angekommen ist, dann steigert man nach und nach auf 50mg, bis man nach mehreren Monaten bei 1000mg am Tag ankommt und so weiter.
d) Ich habe noch nirgends gelesen, wie Abraham Hoffer den Therapiestart durchführte. Immerhin hat er diese Therapie 55 Jahre lang durchgeführt. Sowohl Parsons (a)) als auch Saul (c)) hatten Hoffer gut gekannt, beide haben jedoch eine unterschiedliche Vorgehensweise.
Wie oben beschrieben, würde ich bei hoher Belastung mit freien Radikalen zunächst die Antioxidantien auffüllen und danach mit dem B3 beginnen. Bei schwacher SOD auf ausreichend Mangan achten, bei genetisch schwacher SOD auch SOD supplementieren und umso langsamer beginnen, je schwächer SOD, Antioxidantien oder die Mitocondrien sind.
Wie häufig solle man es einnehmen?
Bei Hochdosistherapie mit 3 oder mehr Gramm am Tag reicht es, es 3 x nach der Mahlzeit einzunehmen.
Bei schwächerer Dosierung kann es deutlich von Vorteil sein, die Aufnahme auf 4x oder sogar häufiger zu erhöhen, denn es hat nur eine kurze Halbwertszeit im Blut.
Wie nimmt man es ein?
Am besten gegen Ende oder direkt nach einer Mahlzeit. Dann wird es besser aufgenommen. Beim reinen Niacin ist der Flush zu bedenken, der bei heißen oder scharfen Speisen sowie Beteiligung von Alkohl stärker ausfällt und den ganzen Körper betreffen kann, insbesondere wenn die Einnahme nicht regelmäßg ist. Ansonsten verschwindet er nach nach wenigen Tagen. Der Flush entsteht über Ausschüttung von Histamin. Die Einnahme von einmal täglich 100mg Aspirin mindert den Flush in der Anfangszeit.
Parsons schreibt, dass man das Niacin nach einiger Zeit nicht mehr zu den Mahlzeiten nehmen braucht.
Woran erkennt man, dass man zu viel eingenommen hat?
Beim Auftreten von Übelkeit oder Erbrechen hat man eindeutig zu viel eingenommen.
Dann sollte man die Dosis natürlich reduzieren.
Allerdings ist Niacin/Nikotinamid extrem gut verträglich. Die toxische Dosis für Hunde liegt bei 5000 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Wie die toxische Dosis für Menschen ist weiß man nicht. Dr. Hoffer hatte einmal eine junge Patientin, ein Mädchen, das sich mit Niacin das Leben nehmen wollte. Sie nahm über 100.000mg ohne bleibende Schäden. Dr. Hoffer, der 55 Jahre Erfahrung mit tausenden von Patienten hatte, fand, dass 40.000mg Niacin am Tag nicht toxisch ist. Er schätzte dass 200.000mg eine fatale Dosis sei.
Welche Verlaufskontrollen sind nötig
1. In der Regel sollten nur die Leberwerte im Auge behalten werden. Das macht man anfangs alle 4 Wochen.
Ca. 4 Wochen nach erreichen der endgültigen Dosierung misst man, auf welchen Stand sich die Leberwerte eingependelt haben. Eine Verdoppelung zum Normwert ist noch in Ordnung. Die Leberwerte steigen nur, weil der Leberstoffwechsel angekurbelt wurde, nicht aufgrund von Leberzellschäden. Das ist wichtig zu wissen. Außerdem sollten diese neuen "Normalwerte" dem Hausarzt mitgeteilt werden.
Niacin sollte man erst dann absetzen, wenn die Leberwerte das 2-3fache der Obergrenze des Normwertes erreichen, oder von Übelkeit begleitet sind. Dann ist es weise, das Niacin abzusetzen, zumindest zeitweise (1).
Vielleicht ist es an dieser Stelle interessant zu wissen, dass Niacin auch bei der nicht-alkoholische Fettleber sehr gute Erfolge zeigt. Diese stellt also keine Kontraindikation dar.
2. Aus meiner Sicht sollten zumindest anfangs die Marker für oxidativen und nitrosativen Stress im Auge behalten werden.
3. Da sich Blutzucker und Blutdruck LEICHT verändern KÖNNEN, macht es Sinn, diese je nach Relevanz zu kontrollieren.
Welche Nebenwirkungen gibt es bei Vitamin B3?
Insgesamt ist Niacin/Nikotinsäure sehr gut verträglich.
Bei individuell zu hoher Dosis kann es zu Übelkeit und Erbrechen kommen.
Zur Maximaldosis, der Erhöhung der Leberwerte und dem Flush stehen die Infos unter obigem Kapitel " Wie ist Vitamin B3 einzunehmen".
Bevor beim Lesen die Luft ausgeht, möchte ich auf eine seltene Nebenwirkung am Auge eingehen: Das zystoide Makulaödem. Es tritt wirklich selten auf und es ist reversibel, wenn man das B3 wieder absetzt. Donald M. Gass, der das große Standardwerk "Stereoscopic Atlas of Macular Diseases" geschrieben hat, hat sich so geäußert, dass ihm das durch Niacin hervorgerufene Makulaödem das liebste sei, denn es verschwindet sogleich, wenn man Niacin absetzt.
Unter einer Dosis von 1000mg verteilt auf den Tag, tritt das Makulaödem wohl nicht auf (7). Die Dosis ist wohl abhängig vom Körpergewicht. Wichtig ist auch, dass man in diesen Fällen das Niacin nicht ganz absetzten braucht, sondern es reicht, die Dosis zu reduzieren, so dass auch diese Patienten vom Vitamin B3 weiter profitieren können.
Robert W. Smith und Andrew W. Saul raten dazu, mit sehr kleiner Menge zu beginnen: 25mg am Tag, dann alle paar Tage 25mg mehr, bis man bei 4x 25mg angekommen ist, dann steigert man nach und nach auf 50mg, bis man nach mehreren Monaten bei 1000mg am Tag ankommt und so weiter. Sollte ein Makulaödem auftreten empfehlen sie die Dosis zu halbieren, oder noch weiter zu senken, so dass man auf jeden Fall unter 1000mg am Tag kommt. Die Sehprobleme verschwinden dann nach ein paar Wochen (1,8).
Bisher ist unklar warum das Ödem entsteht. In der Fluoreszenzangiographie scheint kein Farbstoffaustritt aufzutreten. Im ERG ist die retiniale B-Welle signifikant beeinträchtigt, welche die Funktion der Müller-Zellen repräsentiert. Allerdings kann ein veränderter elektrischer Strom auch ohne Beeinträchtigung der Müller-Zellen auftreten.
Trockene Haut kommt bei den meisten Menschen vor, weil Niacin die Cholesterinproduktion in der Haut mindert. Man kann das mit Lotionen gut ausgleichen, sollte ein Ausschlag dazukommen, muss man vielleicht das Niacin absetzten.
Selten tritt eine samtige Braunfärbung der Haut in den Achseln auf oder in Hautfalten, wie der Leiste. Das ist selten ein Problem, weil es an bedeckten Körperstellen auftritt und es verschwindet prompt, wenn man das Niacin absetzt.
Niacin hebt den Blutzuckerspiegel in seltenen Fällen, aber nicht nennenswert, außer bei Diabetikern, die Insulin spritzen. Die leichte Erhöhung kann man ignorieren. Niacin löst keinen Diabetes aus. Die Blutzuckerspiegel fallen nach Absetzten des Niacins. Wenn sie das nicht tun, ist der Patient unabhängig vom Niacin zum Diabetiker geworden.
Harnsäure erhöht sich auch leicht. Aber Niacin löst keine Gicht aus und kann ohne Bedenken bei Patienten mit Gicht angewendet werden. Wenn die Harnsäure zu stark steigt, kann man eine Tablette nehmen, um sie zu senken.
Literatur
1. Abraham Hoffer, Andrew W. Saul, Harold D. Foster: NIACIN The Real Story - second edition - Basic Health Publications, ISBN 978-1-68442-902-8
2. James PIetris: The Role of NAD and Nicotinamide (Vitamin B3) in Glaucoma: A Literature Review. J Nutr Sci Vitaminol, 68, 151–154, 2022
3. Dr. sc. med. Bodo Kuklinksi: MITOCHONDRIEN 2. Auflage - Aurum-Verlag, ISBN 978-3-89901-894-3
4. William B. Parsons Jr. MD: Cholesteol Control Without Diet - The Niacin Solution. 3. edition 2008. ISBN 978-0966256871
5. Dr. sc. med. Bodo Kuklinski, Dr. Anja Schemioneck: Schwachstelle Genick: Ursache, Auswirkungen und erfolgreiche Therapie. 15. Auflage 2016. ISBN 978-3899010756
6. Alejandro Martínez-Águila et al.: Influence of Circadian Rhythm in the Eye: Significance of Melatonin in Glaucoma. Biomolecules 2021, 11, 340
7. Freisberg L, Rolle TJ, Ip MS. (2011) Diffuse macular edema in niacin-induced maculopathy may resolve with dosage decrease. Retin Cases Brief Rep. 5: 227-228.
8. Robert G. Smith, Andrew W. Saul: The Vitamin Cure for Eye Disease, Basic Health Publications. ISBN 978-1-59120-292-9
9. HPS2-THRIVE Collaborative Group: HPS2-THRIVE randomized placebo-controlled trial in 25 673 high-risk patients of ER niacin/laropiprant: trial design, pre-specified muscle and liver outcomes, and reasons for stopping study. Eur Heart J 2013 May;34(17):1279-91.
10. Marc Ferrell et al.: A terminal metabolite of niacin promotes vascular inflammation and contributes to cardiovascular disease risk. Nature Medicine volume 30, pages 424–434 (2024)
11. The AIM-HIGH-Investigators: Niacin in Patients with Low HDL Cholesterol Levels Receiving Intensive Statin Therapy. N Engl J Med 2011;365:2255-2267
12. Brown, BG, Zhao, XQ, Chait, A, et al. Simvastatin and niacin, antioxidant vitamins, or the combination for the prevention of coronary disease. N Engl J Med 2001;345:1583-1592
Was sind freie Radikale und wie entsehen sie?
Freie Radikale sind Moleküle, denen ein Elektron fehlt, um in sich stabil zu sein.
Das heißt, sie können nicht ruhen, ehe sie das fehlende Elektron von einem anderen Molekül sozusagen "geklaut" haben. In der Fachsprache sagt man, sie haben das andere Molekül oxidiert.
Wenn sie das Elektron von einem anderen Molekül "geklaut" haben, sind sie in sich stabil und greifen kein weiteres Molekül mehr an. Allerdings ist das von ihnen beraubte Molekül nun zum Opfer geworden. Jetzt fehlt diesem ein Elektron und sucht sich nun seinerseits auch wieder ein Molekül, von dem es ein Elektron abziehen kann. Es findet also eine Kettenreaktion statt, die nicht weiter schlimm sein müsste, da ja immer nur ein Molekül als Radikal vorliegt.
Warum und wie uns freie Radikale schaden: Das Problem ist, dass viele Moleküle, die einmal ein Radikal waren, dadurch in ihrer Struktur verändert werden, was mit einem mehr oder weniger starken Funktionsverlust dieser Moleküle einhergeht. Oft entstehen bei diesem Prozess auch für den Körper schädliche Moleküle.
Wenn zu viele Radikale vorhanden sind, können diese sich auch zu noch aggressiveren Radikalen verbinden. Aggressiv bedeutet in diesem Fall, dass die Radikale, mit unterschiedlicher Kraft und Schnelligkeit, ein anderes Molekül angreifen.
Radikale können viele Enzyme in unserem Körper unbrauchbar machen. Sie schädigen die Wände unserer Körperzellen, so dass der Stoffaustausch der Zellen mit der Umgebung nicht mehr reibungslos ablaufen kann, und sie schädigen unser Erbgut (DNA, RNA). Besonders empfindlich ist das Erbgut der Mitochondrien, den Energieerzeugern unserer Zellen, denn diese ist weniger geschützt und kann nicht so gut repariert werden.
Um sich zu schützen, setzt der Körper sogenannte Antioxidantien ein. Das sind Moleküle, die ein Elektron an die freien Radikale abgeben können, ohne dadurch für unseren Körper schädlich zu werden. Manche Antioxidantien, wie das Vitamin E, werden dadurch selbst zum Radikal, aber sie sind so reaktionsträge, also so wenig aggressiv, dass sie nicht so leicht weitere Moleküle angreifen. In dieser kleinen Zeit der verzögerten Reaktion, kann das Vitamin E wiederum von einem anderen Antioxidans, zum Beispiel Vitamin C, zu seiner vollständig aktiven Form regeneriert werden.
Freie Radikale sind in unserem Körper überall vorhanden und gehören zur normalen Funktion des Körpers dazu. Ohne die Prozesse, bei denen freie Radikale beteiligt sind, wäre unsere Körper nicht funktionstüchtig.
Die bedeutendste Stelle, bei der rund um die Uhr freie Radikale entstehen, ist die Energiegewinnung in den Mitochondrien. Bei ihr fallen massiv freie Radikale an, werden aber auch sofort wieder abgefangen. Idealerweise besteht hier ein Gleichgewicht zwischen Entstehung freier Radikale und deren antioxidativer Neutralisierung.
Ein weiteres Beispiel ist die Bildung freier Radikale in weißen Blutkörperchen um damit Bakterien abzutöten (unspezifische Immunabwehr). Bakterien haben weniger Antioxidantien als menschliche Zellen und leiden deshalb bei dieser Immunabwehr mehr, als unsere eigenen Körperzellen. Je nachdem, wie gut unser Körper mit Antioxidantien ausgestattet ist, leiden auch unsere eigenen Zellen bei dieser Immunabwehr mehr oder weniger mit.
Das wohl prominenteste Radikal ist der Sauerstoff, den wir atmen. Er oxidiert die Moleküle um sich herum. Sie kennen es vom Eisen, das rostet und der Butter, die ranzig wird und vielleicht auch vom Leinöl, welches bitter schmeckt.
Entscheidend ist also, dass in unserem Körper ein gesundes Gleichgewicht zwischen Bildung und Neutralisation der radikalen Moleküle vorhanden ist.
Ein Ungleichgewicht kann entstehen durch verstärkte Belastung mit freien Radikalen, oder durch einen Mangel an Antioxidantien.
ROS ist die Abkürzung für reaktive Sauerstoff-Spezies (reactive oxygen species). Wenn sie zunehmen, spricht man von oxidativem Stress. Beispiele solcher Radikale sind Superoxid=Hyperoxid (O•), das Hydroxylradikal (OH•), oder auch Wasserstoffperoxid (H2O2).
RNS ist die Abkürzung für reaktive Stickstoff-Spezies (reactive nitrogen species). Wenn sie zunehmen, spricht man von nitrosativem Stress. Beispiele solcher Radikale sind das Radikal vom Stickstoffmonoxid (NO•) und das sehr agressive Peroxynitrit (ONOO•).
Ursachen für eine gesteigerte Bildung von Superoxid sind zum Beispiel:
Übermäßige körperliche Belastung,
chronischer Psychostress,
Schilddrüsenüberfunktion,
Völlerei,
radioaktive Belastung,
chronische Entzündung,
Lichtexposition auf Melanin.
Ursachen für nitrosativen Stress sind zum Beispiel:
Xenobiotika (Gewerbegifte, Lösungsmittel, nitrose Gase, halogenierte Kohlenwasserstoffe, Biozide, Insekti-, Herbi-,
Mykozide. Besonders gefährlich sind die chlororganischen Substanzen, da sie fettlöslich sind und damit
unsere Zellwände angreifen),
Schwermetalle,,
Sauerstoffmangel (Hypoxie),
Hypoxie und Reperfusion (Sauerstoffmangel und anschließende Wiederversorgung mit Sauerstoff, wie es bei
schwankender Durchblutung auftreten kann),
Infektionen, Impfungen, Entzündungen,
chronischem Stress,
Rauschgifte,
exzessive körperliche Belastungen,
nitratreiche Nahrungsmittel, Grillen,
Bestrahlungen,
vitaminarme Ernährungsweisen,
Medikamente,
Rauchen,
Alkohol,
Raumluft-Schadstoffe (Formaldehyd, Benzaldehyde, Benzole u.a.),
Nanopartikel (Toner-Aerosole von Tonerpulver – seine schwermetallbelasteten Nanopartikel dringen in alle Organe
und deren Zellorganellen ein (auch den Mitochondrien).
Ursachen für eine schwächere Versorgung mit Antioxidantien sind zum Beispiel:
Antioxidantienarme Ernährung (grob gesagt: wenig frisches Obst und Gemüse),
Mangel an Mikronährstoffen,
übermäßiger Verbrauch der Antioxidantien durch eine verstärkte Belastung mit freien Radikalen,
angeboren schwächere Versorgung mit antioxidativen Enzymen
oder Enzymen, die zu deren Produktion notwendig sind.
Da unsere Mitochondrien besonders anfällig gegenüber freien Radikalen sind (siehe oben), kommt ihnen im Krankheitsgeschehen eine besondere Rolle zu. Erkrankungen der Mitochondrien nennt man Mitochondriopathien.
Mitochondrien sind kleine Zellorganellen. Sie sind die Hauptenergieerzeuger unserer Körperzellen.
Mitochondrien werden über das Cytoplasma von der Eizelle an das Kind weitergegeben, also nicht über die DNA des Zellkernes vererbt. Eine Eizelle kann zwischen 2000 und mehreren 100.000 Mitochondrien enthalten. Je weniger Mitochondrien das Kind von der Mutter mitbekommt, desto leichter wirken sich Schäden an den Mitochondrien auf die Gesundheit der Kinder aus.
Es gibt primäre Mitochondriopathien, das sind angeborene schwere Mitochondrienschäden, die schon in der Kindheit zu Symptomen führen können. Ursache sind Genmutationen der mitochondrialen Gene.
Häufiger sind sekundäre Mitochondriopathien, die erst im Laufe des Lebens symptomatisch werden.
Eine Schwächung der Mitochondrien spielt bei vielen Erkrankungen eine Rolle:
Glaukom, metabolisches Syndrom, Diabetes, neurodegenerative Erkrankungen (Demenz, M.Parkinson, u.a.), Arthrose, chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS), multiple Chemikalien-Sensitivität (MCS), Fibromyalgie, burn-out, Erkrankungen der Lungen und vieler anderer Organe.
Den Zustand der Mitochondrien kann man mittlerweile über mehrere Bluttest sehr detailliert untersuchen lassen.
Was kann man nun tun, um seine Mitochondrien zu stärken?
Mitochondrien teilen sich alle 5-10 Tage. Erkrankte Mitochondrien können sich mit gesunden verbinden und anschließend die krankhaft veränderte Genkopien abspalten (fissing) und verdaut (Mitophagie). Diese Mitophagie nimmt mit zunehmendem Alter ab, lässt sich aber in jedem Alter stimulieren und zwar durch moderate Bewegung (im aeroben Bereich) und hypokalorische Ernährung.
Des Weiteren kann man Schäden an den Mitochondrien vorbeugen durch Vermeidung einer zu hohen Belastung mit Radikalen und durch Zufuhr der nötigen Mikronährstoffe durch Ernährung oder/und Nahrungsergänzung, vor allem da, wo Mängel bestehen.
Quellen:
Bruce Alberts et al: Molekularbiologie der Zelle, Wiley-VCH, 6. Auflage 2017
Gröber, U.: Mitochondriale Toxizität von Arzneimitteln. Z.Orthomol. Med. 2 (208) 1-3
Gvozdjáková, A.: Mitochondrial Medicine, Springer-Verlag
B.Halliwell and J.M.C. Gutteridge: Free RAdicals in Biology and Medicine, Oxford University Press, 5th edition, 2015
Kuklinski, B.: Mitochondrien, Aurum-Verlag
Kuklinski, B.: Xenobiotikabelastungen durch Innenraumschadstoffe. Arzt/Umwelt 11 (1998) 47-53
Freie Radikale und ihr Einfluss auf das Glaukom im Detail
Bei den Grundlagen habe ich schon erklärt um was es sich bei freien Radikalen handelt.
Es gibt bereits dutzende von Studien und Veröffentlichungen, die sich damit beschäftigen, dass oxidativer und nitronativer Stress beim Glaukom eine Rolle spielen, und dass eine Behandlung mit Antioxidantien sich positiv auf das Glaukom auswirken kann.
Ich möchte hier eine Darstellung geben, auf welche konkrete Art freie Radikale Einfluss auf den Abfluss des Kammerwassers haben können:
1. Zu viele freie Radikale schädigen die Mitochondrien: Mitochondrien sind die Kraftwerke in unseren Zellen. Sie erzeugen die Energie, die unser Körper braucht, um zu funktionieren. Das kann beim Glaukom auf zwei Arten von Relevanz sein:
a) Verminderter Abfluss des Kammerwassers in den Schlemmschen Kanal. Dieser Abfluss verläuft nämlich nicht nur passiv. Es gibt elektronenmikroskopische Aufnahmen, die zeigen, dass das Augenwasser aktiv durch die Endothelzellen des Schlemmschen Kanals mittels Vakuolenbildung transportiert wird (siehe obiger link). Für diesen Vorgang braucht die Zelle Energie. Oxidative Schäden, also die Schäden durch freie Radikale, steigen mit dem Ausmaß des Glaukoms an, die Mitochondrien werden schwächer, bilden weniger Energie und somit fehlt Energie für den Augenwassertransport (5).
b) Der Sehnerv hat nicht genug Energie um Signale zu senden: Bei Mitochondriopathien (= Erkrankungen, die mit schadhaften Mitochondrien einhergehen) können Nerven nicht mehr richtig funktionieren, obwohl deren Strukturen ansonsten noch intakt sind. Dies beschreibt Kuklinski in seinem Buch anhand einiger Beispiele von Glaukom, Polyneuropathie und Null-Linien-EEG, welche ihre Funktion nach OM-Therapie wieder aufnahmen (3).
2. Zu viele freie Radikale schädigen die Zellmembranen (Zellwände) (siehe Grundlagen zu den Fetten):
Dadurch werden die Zellwände starrer und unflexiber (5,7), mit der Folge, dass
a) der Sehnerv schlechter durchblutet wird, weil sich die roten Blutkörperchen nicht mehr genug verformen können, um sich durch die kleinsten Kapillaren zu zwängen. Die schlechtere Durchblutung führt dann wiederum zur vermehrten Entstehung freie Radikale.
b) der Abtransport des Augenwassers zum Schlemmschen Kanal erschwert ist: Durch die starreren Membranen lass sich weniger leicht kleine Vakuolen von den Zellwänden abschnüren, in denen ein Teil des Augenwassers aus dem Auge abtransportiert wird (6) (siehe Grundlagen zum Augenwassertransport).
3. Zu viele freie Radikale fördern die Entstehung einer Entzündung (3):
Bei Entzündungen werden vermehrt Entzündungsbotenstoffe freigesetzt. Sie führen zum Einwandern von weißen Blutkörperchen. Als Teil des unspezifischen Abwehrsystems unseres Körpers, schütten diese wiederum freie Radikale aus. Des Weiteren, führen die Entzündungsbotenstoffe zu einem verstärkten Austritt von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen und damit zur Gewebeschwellung.
a) Schlechterer Abtransport des Augenwassers über den Schlemmschen Kanal: Bei entzündlichen Augenerkrankungen (Regenbogenhautentzündung, Uveitis), steigt der Augeninnendruck bekanntlich sehr leicht an. Das liegt vermutlich daran, dass die weißen Blutkörperchen das Trabekelmaschenwerk im Kammerwinkel, welches vor den Schlemmschen Kanal liegt, verstopfen. Dazu mag auch eine entzündungsbedingte Schwellung des Gewebes im Trabekelmaschenwerk beitragen. Ein solcher Mechanismus spielt vor allem eine Rolle bei sekundären Glaukomen, aufgrund zum Beispiel einer viralen Entzündung oder bei Autoimmunerkrankungen.
(Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass die Erzeugung einer leichten Entzündung das Wirkprinzip einer bestimmten Sorte von Augentropfen sind, die den Augeninnendruck senken können, den Prostaglandin-Analoga (Latanoprost, Bimatoprost, Tafluprost, Travoprost), welche das Prostaglandin F2a nachahmen. Prostaglandin F2a wird normalerweise nach einem Trauma vom Körper selbst gebildet und senkt wirksam denn Augeninnendruck (was sehr praktisch ist, denn die Gewebeverletzungen würden sonst zu einem starken Anstieg des Augeninnendruckes führen). Sie wirken vermutlich dadurch, dass das Gewebe zwischen den Zellen durch eiweiß-spaltende Enzyme (Metalloproteinasen), vermehrt abgebaut wird. Dadurch kann das Augenwasser vor allem über den Ziliarmuskel leichter abfließen. (Das heißt nun aber wiederum nicht, dass alle Entzündungsbotenstoffe den Augeninnendruck senken können. Siehe auch Grundlagen Kammerwassertransport) (8).
Der therapeutische Ansatz ist hier eine Blutanalyse, die den Zustand der Mitochondrien und des antioxidativen Systems abklären kann. Je nach Befund kann man die einzelnen Schwachstellen gezielt stärken, indem man mögliche negative Einflussfaktoren (siehe auch Grundlagen zu freien Radikalen) aufsucht und zukünftig meidet, sowie Mängel an Mikronährstoffen ergänzt, die unser antioxidatives System braucht, um besser funktionieren zu können.
Wissenschaftliche Grundlagen zu meinen obigen Ausführungen
Hinweise dafür, dass freie Radikale beim Glaukom eine Rolle spielen, gibt es sehr viele, die den Rahmen dieser Seite sprengen würden. Ich habe hier vor allem Untersuchungen am Menschen aufgeführt, da diese natürlich mehr Aussagekraft besitzen als Tierversuche.
- Tiermodelle zeigen, dass eine Entzündung des Sehnervs eine Schlüsselrolle bei der Entstehung des Glaukoms spielt. Jede Entzündung geht mit der vermehrten Entstehung von, für unsere Zellen schädlichen, freien Radikalen einher und umgekehrt (1,3,4).
- Es gibt auch Studien, die zeigen, dass sogenannte Gliazellen, die unsere Nerven begleiten, in der Art entzündet sind, wie man es auch von anderen neurodegenerativen Erkrankungen her kennt. Eine neurodegenerative Erkrankung ist zum Beispiel die Alzheimer-Demenz, von der man weiß, dass eine Ernährung, die reich an Antioxidantien ist, einen signifikanten Beitrag zu deren Vermeidung beiträgt (1,2,9).
·. Bei Glaukompatienten kann eine Verminderung der Antioxidantien Vitamin C, Glutathion und Vitamin E (5) gemessen werden, sowie eine verstärkte Aktivität antioxidativer Enzyme (16,18).
·. Ein Vitamin E-Mangel lässt mehr schädliches Malondialdehyd entstehen, welches als ein Marker für Vitamin E-Mangel gilt. Bei Patienten mit primärem Offenwinkelglaukom wurden von mehreren Untersuchern erhöhte Werte im Blutserum und im Kammerwasser gefunden (10,11,12,13)
·. Nitrosativer Stress anhand von Nitrothyrosin in Blut, Kammerwasser und Tränenflüssigkeit wurde bei Patienten mit primärem Offenwinkelglaukom ebenfalls nachgewiesen (14,15).
·. Bei hohem Augeninnendruck sind die Aktivitäten der antioxidativen Enzyme Superoxid-Dismutase und Katalase und auch des Melatonins vermindert (3,13).
·. Bei Patienten mit primärem Offenwinkelglaukom wurde eine Verminderung der totalen antioxidativen Kapazität des Blutes gemessen. Diese korrelierte sogar mit der Schwere und der Art des Glaukoms (17,19).
·. Das Radikal Wasserstoffperoxid (man kennt es als Wasserstoffbleiche), welches bei der Energiegewinnung in den Mitochondrien entsteht, kann den Abflusswiderstand für das Kammerwasser im Trabekelwerk (Kammerwinkel) erhöhen (3).
·. Und schließlich gibt es mehrere Studien, in denen oral zugeführte Antioxidantien, der Augeninnendruck verbessert werden konnte. Hierzu mehr unter Punkt 6: Nahrung und Nahrungsergänzungsmittel beim Glaukom (13).
Hinweise und Quellenangaben:
(1) Pete A. Williams et al. Neuroinflammation in Glaucoma: A new opportunity. Exp. Eye Res. 2017 Apr.:157:20-27. PMID 28252160
(2) Alejandra Bosco et al. Neurodegeneration severity can be predicted from early microglia alterations monitored in vivo in a mouse model of chronic glaucoma. Disease Models & Mechanisms (2015) 8, 443-455 doi:10.1242/dmm.018788
(3) Bodo Kuklinski: Mitochondrien, Aurum-Verlag, 2. Auflage
(4) Gemessen über Malondialdehyd
(5) Stryer: Biochemie, 8. Auflage, Kapitel Zellmembranen.
(6) Adler´s Physiology of the eye. Elsevier, 11. Auflage
(7) Bodo Kuklinski: „Mitochondrien“ und „Gesünder mit Mikronährstoffen“, Aurum-Verlag, 2016
(8) Albert Alm: Latanoprost in the treatment of glaucoma. Clin Ophthalmol. 2014; 8: 1967–1985, PMID: 25328381
(9) Dr. Dean Sherzai & Dr. Ayesha Sherzai (Universität Loma Linda): Die Alzheimer Lösung. Südwest Verlag
(10) Benoist d’Azy, C et al.: Oxidative and anti-oxidative stress markers in chronic glaucoma: A sys- tematic review and meta-analysis. PLoS One, 2016, 11(12)
(11) Nucci, C. et al.: Increased malondialdehyde concentration and reduced total antioxidant capacity in aqueous humor and blood samples from patients with glaucoma. Mol Vis., 2013, 19, 1841-1846.
(12) Chang, D. et al.: The evaluation of the oxidative stress parameters in patients with primary angle-closure glaucoma. PLoS One, 2011, 6(11)
(13) Maria D. Pinazo-Durán et al.: Strategies to Reduce Oxidative Stress in Glaucoma Patients. Current Neuropharmacology, 2018, 16, 903-918
(14) Zanón-Moreno, V. et al.: Involvement of nitric oxide and other molecules with redox potential in primary open angle glaucoma. Arch. Soc. Esp. Oftalmol., 2008, 83(6), 365- 372.
(15) Openkova, Y.Y. et al.: The analysis of status of biochemical indicators in blood se- rum and lacrimal fluid in patients with primary open-angle glaucoma. Klin. Lab. Diagn., 2013, 5(5), 8-11.
(16) Zanón-Moreno, V. et al.: Effects of polymorphisms in vitamin E-, vitamin C-, and glutathione peroxidase-related genes on serum biomarkers and associations with glaucoma. Mol. Vis., 2013, 19, 231-242.
(17) Mousa, A. et al.: Association of total antioxidants level with glaucoma type and severity. Saudi Med. J., 2015, 36(6), 671-677.
(18) Goyal, A. et al.: Evaluation of oxidative stress markers in aqueous humor of primary open angle glau- coma and primary angle closure glaucoma patients. Curr. Eye Res., 2014, 39(8), 823-829.
(19) Tanito, M. et al.: Association between systemic oxidative stress and visual field damage in open-angle glaucoma. Sci. Rep., 2016, 6, 25792.
Wie kann man seinen Bedarf an Vitamin C bestimmen
Wie hoch ist aktuell Ihr Bedarf an Vitamin C?
Das können Sie ganz leicht selbst herausfinden.
Das Praktische ist, dass unser Körper alles Vitamin C, das er braucht, aus dem
Magen-Darm-Trakt aufnimmt und den Rest nicht. Was zu viel ist, macht sich
bemerkbar, indem es Wasser anzieht, zu einem flauen Gefühl im Bauch und schließlich zu Durchfall führt. Dieses Phänomen nutzen wir, um zu bestimmen, wieviel Vitamin C wir brauchen.
Ganz einfach geht das mit reinem Ascorbinsäurepulver aus der Apotheke.
Qualitativ besser dürfte ein Vitamin C mit zusätzlichen Bioflavonoiden sein. Zum Beispiel das „Vitamin C 1000 Ultra“ von der Firma Sunday Natural (www.sunday.de - ich habe keine finanziellen Interessen).
Auf jeden Fall macht es Sinn sich Kapseln zu kaufen, da das Pulver den Zahnschmelz angreifen kann und man Kapseln leicht mal in die Hosentasche stecken kann und diese auch leichter einzunehmen sind in unserem Alltagsleben.
Nun nehmen Sie alle 2 Stunden 500mg -1000mg davon ein. Das Pulver sollten Sie immer frisch in etwas Wasser auflösen und trinken (egal, ob zu einer Mahlzeit oder dazwischen). Sie sollten das aufgelöste Vitamin C nicht lange stehen lassen, da es an Luft, Licht und Wärme schnell an Wirkung verliert. Zählen Sie, wie oft Sie die 500 oder 1000mg einnehmen, ohne dass sich Ihr Magen-Darm-Trakt mit Grummeln, Bauchweh, Rumoren oder weichem Stuhl meldet. Das ist der Zeitpunkt, zu dem sie die Einnahme beenden sollten. Diese letzte Dosis, die Sie eingenommen haben, ziehen Sie von der Gesamtmenge der Einnahme ab und erhalten so die Menge Ihres momentanen täglichen Bedarfs an Vitamin C. Diese Menge können Sie an den Folgetagen in 500 mg- oder 1000 mg-Einheiten über den Tag verteilt einnehmen.
Natürlich ändert sich der Bedarf immer wieder und schwankt von Tag zu Tag. Hier können Sie sich buchstäblich von Ihrem Bauchgefühl leiten lassen. Wenn Sie gesund sind, dürften 2000 - 3000 mg reichen. So viel bilden Tiere pro Tag – umgerechnet auf unsere Körpergröße.
Bei jeder Art von physischem und psychischem Stress kann der Bedarf - solange der Stress vorhanden ist – ansteigen. Das können gut auch mal 20 oder mehr Gramm am Tag werden (bei einer kranken Ziege hat man einmal eine Vitamin C-Bildung von 50 Gramm am Tag gemessen).
Auch bei einem Sonnenbad schützt das Vitamin C (und auch B 3) etwas vor Sonnenbrand (hier zum Beispiel 1-3 Gramm mehr als sonst einnehmen). Wenn Sie Bauchweh oder Durchfall bekommen, ist Ihre Dosis vermutlich zu hoch gewählt, dann reduzieren Sie wieder.
Wenn Sie das Vitamin C gar nicht vertragen, können Sie ein gepuffertes Vitamin C kaufen. Zum Beispiel „Vitamin C 1000 gepuffert“ von pure encapsulations. Es steht zwar „1000“ drauf, enthält aber nur 800mg Vitamin C, der Rest besteht aus Calzium, Magnesium und Kalium, welche die Säureprotonen ersetzen. Andere gepufferte Vitamin C-Formen, wie das Ester-C, sind in der Regel nur mit Calzium gepuffert.
Leider kann man mit diesem Produkt den Bedarfstest nicht so gut durchführen, denn größere Mengen der puffernden Mineralien können selbst auch Durchfall erzeugen und man sollte auch nicht zu viel davon einnehmen. Mehr als 2 Kapseln würde ich auf keinen Fall empfehlen.
Wie kann es sein, dass unser Tagesbedarf so hoch ist, wo doch die allgemeinen Zufuhrempfehlungen so viel niedriger liegen?
In den 1990er Jahren untersuchte Dr Mark Levine vom National Institue of Health in den USA, was die minimal benötigte Vitamin C-Menge sei. Er stellte an Medizinstudenten fest, dass ab weniger als 200mg am Tag die Blutspiegel anfangen abzufallen. Er maß aber auch den Vitamin C-Gehalt in den weißen Blutkörperchen. Diese zeigten erst bei einer täglichen Einnahme von 100mg einen Abfall der Vitamin C-Konzentration. Diese 100mg Vitamin C wurden dann als empfohlene tägliche Einnahme festgesetzt.
Das Problem ist, dass man damals nicht wusste, dass die weißen Blutkörperchen einen aktiven Pumpmechanismus haben, mit dem sie Vitamin C aus dem Blut aktiv aufnehmen können (denn sie brauchen es noch viel nötiger als die anderen Körperzellen). Hätte man damals die roten Blutkörperchen untersucht, wäre der Wert viel höher ausgefallen. Interessant ist, dass bei Skorbut (der Vitamin C-Mangelkrankheit) die roten Blutkörperchen auch vor den weißen betroffen sind.
Zudem ist es so, dass der Körper auf Biegen und Brechen versucht, den Serumgehalt der wichtigsten Mikronährstoffe auf einem bestimmten Level zu halten. Das bedeutet, dass das Vitamin C im Blut lange konstant blieb, aber auf Kosten der anderen Körperzellen. Das ist auch der Grund, weshalb Orthomolekularmediziner Mineralien und Schwermetalle im Vollblut bestimmen, bei dem im wesentlichen die roten Blutkörperchen stellvertretend für andere Körperzellen untersucht werden.
Aber wer sagt denn, das man überhaupt mehr als 200mg am Tag braucht?
Wie oben erwähnt bilden Tiere bis auf wenige Ausnahmen selbst Vitamin C und die Menge entspricht bei uns 3 g am Tag.
Es gibt Untersuchungen an tausenden von Patienten, dass die zusätzliche Einnahme von Vitamin C als Nahrungsergänzung das Risiko senkt für kardiovaskuläre Erkrankungen (mind. 25% bis 50%), für Infektionen, Krebs, Cataract, Schwermetallbelastung, Nierensteine und andere.
Wie ist es mit Nebenwirkungen?
Wenn man zu viel nimmt, zieht es Wasser im Darm an und führt zu Durchfall. Schlimmeres passiert nicht.
Nierensteine werden nicht gefördert.
Der Körper gewöhnt sich nicht daran und "verlernt" sich selbst um sich zu kümmern. Im Gegenteil, mehr Vitamin C spart andere wichtige Antioxidantien, die sich sonst weiter verbrauchen und weniger leicht zu ersetzen sind, zum Beispiel Glutathion, dessen Bildung durch die Einnahme von Vitamin C sogar gefördert wird.
Mehr dazu findet sich ausführlichst in:
Vitamin C: The Real Story von Steve Hickey und Andrew Saul, ISBN 978-1-59120-223-3
Viel Erfolg!
Historie: Cholesterinsenkung mittels Niacin
Eine Zusammenfassung der historischen Entwicklung der Behandlung des hohen Cholesterins mit Niacin
aus der Sicht des Arztes William Parsons
in seinem Buch: „Cholesterol Control without diet”
3. Auflage 2008
1955, William Parsons war gerade im letzten Jahr seiner Assistenzarztzeit an der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota, als ihm von seinem Chef der Vorschlag gemacht wurde, die Cholesterinsenkende Wirkung von Niacin (= Nikotinsäue = Vitamin B3) zu testen.
Wie kam es dazu? Dr. Abrahm Hoffer, ein Psychiater aus Regina in Saskatchewan, hatte an der Universität in Rochester eine Vorlesung gehalten. Am Abend berichtete er den Kollegen, dass er seit einigen Jahren seine Schizophreniepatienten mit Niacin behandle, was vielen geholfen habe. Ein Kollege, Dr. Rudolf Altschul, Anatomieprofessor an der Universität Saskachewan, habe an Ratten festgestellt, dass Niacin den Cholesterinspiegel senke und ihn aufgefordert, bei seinen Patienten die Cholesterinspiegel zu messen. Und tatsächlich bestätigte sich der Verdacht, dass die Cholesterinspiegel durch die Behandlung sanken.
Hoffer und Altschul taten sich mit Dr. Janes Stephen, dem Laborleiter des Krankenhauses in Regina zusammen und untersuchten die Cholesterinspiegel bei Freiwilligen, die 3-4 g Niacin über den Tag verteilt einnahmen.
Sie berichteten darüber in einem kurzen Brief an die Herausgeber der Zeitschrift Archives of Biochemistry and Biophysics.
Hoffer traf dann also 1955 in Rochester Dr. Rome, der, bevor er Psychiater wurde, eine Ausbildung in innerer Medizin bekommen hatte. Dr. Rome war neuen Medikamenten sehr aufgeschlossen eingestellt, denn er hatte gerade erlebt, wie Thorazin, die Patienten aus der Psychiatrie befreien konnte. Er erzählte auf der Jagd seinem Freund Dr. Edgar V. Allen davon. Dr. Allen war Personalberater am St. Mary Krankenhaus in Rochester, an dem Dr. Parsons ältester Assistenzarzt war. Dr. Rome besuchte die Abteilung für periphere Gefäßerkrankungen und fragte die Kollegen, ob sie Interesse hätten an einer Studie zu den Wirkungen von Niacin auf Cholesterin.
Es gab erst Einwände, dass das Niacin ja zu einem flush führen würde. Bei Einnahme von 50-100mg Niacin bekommt man sofort ein heißes Gefühl und Rötung der Haut , vor allem im Gesicht, Nacken und dem Oberkörper. Der flush ist harmlos und vergeht nach ca. 20-30 Minuten, ist aber lästig. Man kannte das, weil man glaubte, der flush könnte vielleicht bei Durchblutungsstörungen des Innenohres helfen, was aber nicht der Fall gewesen war.
Dr. Hoffer hatte Dr. Rome aber versichert, dass der flush mit jedem Tag besser würde, bis er durchschnittlich nach 3-4 Tagen verschwinde.
Dr. Parsons versuchte diese Behandlung bei einigen seiner Patienten. Blutfettwerte wurden damals sowieso routinemäßig bestimmt, obwohl es noch kein Mittel gab, die Blutfettwerte zu senken. Die Patienten wurden informiert über den flush und dass Sie jetzt zu jeder Mahlzeit 10 Tabletten Niacin schlucken sollten um den Effekt zu testen. Es gab damals nur 100mg-Tabletten. Die Patienten willigten ein.
Man bestimmte Ausgangswerte der Fette, die Patienten schluckten ihre Tabletten, der flush verging nach ein paar Tagen, wie vorhergesagt, und Dr. Parsons konnte es kaum glauben, nach einer Woche waren die Cholesterinwerte beträchtlich gefallen und fielen in der zweiten Woche noch weiter.
Nun taten sich ein paar junge Kollegen, ein junger Chefarzt und ein Laborarzt zusammen und unternahmen die erste systematische Studie zu diesem Thema. Sie stellten fest, dass sowohl das schlechte LDL-Cholesterin sank, als auch das gute HDL-Cholesterin stieg.
(Manche Ärzte glauben, dass die Bedeutung des LDL und HDL erst in den 70er Jahren entdeckt wurde, das stimmt aber nicht).
Diese erste Studie wurde veröffentlicht in den „Procedings oft he Staff Meetings oft he Mayo Clinic“.
1956 berichtete Parsons erstmals beim Herbsttreffen der American Society fort he Study of Arteriosclerosis. Dort berichtete er jährlich bis 1972 über seine Erfahrungen mit Niacin. Inzwischen war dieser Effekt schon weltweit bekannt geworden und es gab viele Veröffentlichungen.
Viele dieser Veröffentlichungen sind in folgenden zwei Büchern aufgeführt:
- Rudolf Altschul´s “Niacin in Vascular Disorders and Hyperlipidemia” (1964)
- Dick Casdorph´s “Treatment of the Hyperlipidemic States” (1972)
1963 wurde dem National Institute of Health bewusst, dass es wichtig ist, den Cholesterinspiegel zu senken und sie planten eine Studie, um herauszubekommen, welche Mittel den Cholesterinspiegel senken könnten.
Das National Institute of Mental Health (NIMH) ist eins der 27 Institute der National Institutes of Health(NIH). Das NIH wiederum gehört zum US-Gesundheitsministerium und ist die wichtigste Behörde für biomedizinische Forschung der USA.
Dr. Parsons und Ken Berge waren in dem Komitee, welches sich um die Planung und Durchführung dieser Studie kümmern sollte. Diese Studie wurde dann die erste landesweite Studie in den USA überhaupt:
Das Coronary Drug Project (1966-1974).
7.700 Männer zwischen 35 und 60 Jahren, die schon mindestens einen Herzinfarkt gehabt hatten wurden an 53 medizinische Zentren von Massachusetts bis Hawaii untersucht.
Auswertung nach 5 Jahren:
Hinter den untersuchten Parametern stehen vier Werte:
1. Der Wert vom Placebo
2. Der Wert unter Einnahme von Niacin
3. Der Unterschied zwischen Placebo und Niacin in Relativprozent
4. Der später bei Einnahme von Statinen ermittelte Wert (der in Parsons Buch nicht aufgeführt wird)
Nicht-tödlicher Herzinfarkt: 12,2% / 8,9% / -27 % / -
Schlaganfälle und TIAs: 11,2% / 8,5% / -24% / -
Krankenhausaufenthalt wegen kardiovaskulärer Erkrankung | 32,4% | 28,5% | -12% | -
Kardiovaskuläre Op: 4,9% / 2,6% / -46% / -24 Relativ%
Gesamte kardiovaskläre Ereignisse: - / - / - / -2,3 Absolut%
Erster Herzinfarkt/Schlaganfall/Tod: - / - / - / -2,77%
Gesamtsterblichkeit war in Absolutprozent um 1,9% niedriger bei denen, die Niacin länger als 5 Jahre eingenommen hatten. Jedoch war dieser Effekt nicht statistisch signifikant, so dass oft behauptet wurde, Niacin hätte keinen Einfluss.
Auswertung neun Jahre nach Ende der Studie:
Also nach 9 Jahren ohne Niacin, und im Schnitt 15 Jahre nach Beginn der Studie (manche Teilnehmer waren mittlerweile 80 Jahre alt und alle hatten ja mindestens einen Herzinfarkt gehabt):
Gesamtsterblichkeit (also alle Todesursachen): 58,2% / 52% / -11% / -
Mediane Überlebenszeit seit Beginn der Studie: 11,4 Jahre / 13.03 Jahre / +1,63 Jahre Der Unterschied in der Überlebenszeit war hochsignifikant: P = 0,0004!
Warum die Ergebnisse eher schwächer ausfallen, als möglich wäre:
Die Männer hatten zu Beginn der Studie in 50% Cholesterinlevel unter 250, denn sie wurden nicht nach dem Cholesterinwert, sondern danach ausgesucht, ob sie bereits mindestens einen Herzinfarkt gehabt hatten.
Man gab damals 3g Niacin am Tag. In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass bei 50% der Patienten 4,5 g nötig sind um gute Cholesterinsenkung zu erzielen (zum Teil bis 6g).
Dies war die erste Studie, die überhaupt für irgendein Medikament eine positive Auswirkung auf kardiovaskuläre Erkrankungen zeigte!
Weitere Infos zum Coronary Drug Project:
- Die Männer wurden in gleichmäßige Risikofaktorgruppen eingeteilt und bekamen dann entweder ein Placebo oder eines der folgenden Mittel: Niacin, Clofibrat (Atromid-S), d-Thyroxin (Choloxin), oder zwei verschiedene. Dosierungen eines weiblichen Hormons (Premarin 2,5mg und 1,25mg) – denn damals dachte man ja, dass v.a. Männer ein erhöhtes Risiko haben.
- Jeder Mann wurde mindestens 5 Jahre begleitet, die früh rekrutierten sogar 8 Jahre.
- D-Thyroxin wurde früh fallen gelassen, denn man merkte, dass es zu mehr Herzinfarkten führte.
- Premarin führte zu vermehrtem Auftreten von Thrombosen incl. Herzinfarkt und wurde auch gestoppt.
- Nur Niacin (= Nikotinsäure) und Clofibrat wurden mindestens 5 Jahre weiterbeobachtet.
- Clofibrat führte jedoch auch zu mehr Nebenwirkungen (z. Bsp.: Gallensteine) und zeigte keinen Effekt auf kardiovaskuläre Ereignisse.
- Nur Niacin zeigte positive Ergebnisse
Wie konnte es sein, dass diese Signifikanz entstand, obwohl das Niacin nach der Studie abgesetzt worden war? Die arteriosklerotischen Plaques hatten sich vermutlich entweder zurückgebildet oder stabilisiert.
Das wurde dann weiter untersucht:
Studien zur Zurückbildung von arteriosklerotischen Ablagerungen:
- Es wurden mindestens 10 Studien gemacht, bei denen LDL auf verschiedene Arten unter die inzwischen von der NCEP empfohlenen 100 gesenkt wurde.
- Die Arterien wurden mit Kontrastmittel und Röntgenstrahlen auf Verengungen untersucht. Eine Kontrolle erfolgte nach 2 Jahren (bei einer Studie nach 4 Jahren). Die Auswerter der Bilder wussten nicht, welche Bilder vor, und welche nach der Therapie gemacht wurden.
- Es zeigte sich, dass sich die Plaques zurückbilden konnten. Es war keine große Veränderung, aber schon kleine Veränderungen können sich positiv auf die Durchblutung auswirken.
Studien zur Verhinderung des Reißens arteriosklerotischer Ablagerungen:
- In frühen arteriosklerotischen Ablagerungen besteht eine Ansammlung von Schaumzellen (= Fettgefüllte weiße Blutkörperchen), welche von einem dünnen fibrösen Häutchen (kein Bindegewebe) überzogen sind. Diese dünne Schicht kann leicht reißen und die ausgeschwemmten Fettablagerungen führen dann zu Thrombosen mit Herzinfarkt oder Schlaganfall etc.
- Rudolf Atschul, einer der Kanadier, die schon 1955 beobachtet hatten, dass Niacin den Cholesterinspiegel senkt, hatte schon 1957 berichtet, dass Niacin den Fettgehalt in den Schaumzellen von mit Cholesterin gefütterten Ratten senkt.
Diese positiven Ergebnisse führten dazu, dass das NECP (National Cholesterol Education Program), eine Aktivität des NIH (National Institutes of Health), in seinen Richtlinien zur Behandlung des hohen Cholesterinsiegels das Niacin als Medikament der ersten Wahl auflistetet.
Gleichzeitig wurden auch gallensäurebindende Harze als Mittel der ersten Wahl aufgeführt, obwohl die Ergebnisse dieser Medikamente bei weitem nicht so gut waren:
Galle-Sequestrierende Harze:
Sequestrierend heißt: sie binden die Gallensäuren, die unter anderem aus Cholesterin bestehen. Das führt dazu, dass diese nicht mehr über den Darm in den Körper wiederaufgenommen werden können, was normalerweise der Fall ist. Sie werden stattdessen ausgeschieden.
Man rührt sie in etwas Flüssigkeit und trinkt sie mehrmals am Tag.
Sie bewirken ein Absinken von LDL. Aber: Sie heben nicht das HDL. Und sie senken nicht die Triglyceride, welche sogar beträchtlich ansteigen können unter der Therapie, besonders, wenn sie von Haus aus erhöht sind.
Ihre Nebenwirkungen sind: Schwere Verstopfung, Blähungen und aufgetriebener Bauch, Bauchschmerzen und manchmal auch Übelkeit und Erbrechen. Sie binden nicht nur Gallensäuren, sondern auch Medikamente wie: Digoxin, Antikoagulantien, Thyroxin, Thiazindiuretika, Betablocker und vermutlich noch weitere).
Wie waren die Studien zu den Gallebindern?
Das NHI sponserte eine Studie:
Lipid Research Clinics Coronary Primary Prevention Trial (1973 -1983):
- 3806 Männer, 35-59 Jahre alt, mit Cholesterinwerten über 265.
Anmerkung: Um diese zu finden, wurden 480.000 Männer untersucht. Wer Werte über 265 hat, hat normalerweise eine familiäre (also vermutlich vererbte) Hypercholesterinämie. Das ist bei ca. einem von 40 erwachsenen Amerikanern der Fall. Diese sind nicht repräsentativ für die übliche amerikanische Bevölkerung mit hohen Cholesterinwerten.
- Die Männer wurden in Gruppen mit gleichen Risikofaktoren unterteilt und bekamen erst einige Zeit eine fettarme und cholesterinarme Diät, dann wurden sie entweder der Placebogruppe oder der Medikamentengruppe zugeteilt.
- Die Diät alleine senkte den Cholesterinspiegel um 4,6%. Das zugefügte Harz senkte um 13%.
Nach 7,5 Jahren lag die Todesrate in der behandelten Gruppe bei 1,6%, in der nicht behandelten Gruppe bei 2,0%. Dieser Unterschied war nicht signifikant (das heißt, der Unterschied hätte zufällig sein können).
Die Gesamtsterblichkeit (also alle Todesursachen) lag in der Medikamentengruppe bei 3,6%, in der Placebogruppe bei 3,7% (weit weg von einer Signifikanz). In 4 der 12 Zentren zeigten die Harze keinen Effekt auf kardiovaskuläre Ereignisse und in einer Klinik gab es mehr Tote unter den Patienten die Harze nahmen.
1900 der Männer wurden dann nochmal weiter untersucht von 1985 bis 1989. Hier waren 13 weniger Tote in der Cholestyramin-Gruppe, jedoch immer noch nicht signifikant.
- In der Studie wurden statistische Tricks angewendet: Zu Beginn der Studie stellten die Planer fest, dass ein Signifikanzlevel von p=0,01 angesetzt werden müsse, um wirklich eine Signifikanz nachweisen zu können. Später wurde das Level auf p=0,05 gehoben (über 0,05 gilt allgemein als nicht mehr signifikant, hoch signifikant wäre unter 0,001). Als die Studie dann veröffentlich wurde, wurde ein ganz anderer statistischer Test angewendet. George Mann hat über die Mängel dieser Studie ein Buch geschrieben.
- Vergleichen Sie die Ergebnisse dieser Untersuchung mit denen des Niacins im Coronary Drug Project.
1993 wurde dann der zweite Report (die Handlungsrichtlinien) der NCEP veröffentlicht. In diesem gab es nun keine Mittel der „ersten Wahl“ mehr zur Behandlung des hohen Cholesterinwertes, sondern man sprach nur noch von „Hauptmedikamenten“. Bei diesen wurde Niacin trotz besserer Studienergebnisse erst an zweiter Stelle nach dem gallensäurebindenden Harzen genannt und als dritte Gruppe wurden die Statine aufgenommen.
Auf Niacin gab es kein Patent. Es wurde nie von Pharmafirmen beworben. Pharmavertreter besuchen Ärzte und erzählen vom Flush und der damit verbundenen „Problematik“ bei der Einnahme.
Niacin kann jeder ohne Rezept kaufen – aber Vorsicht – es gibt eben doch ein paar Dinge zu beachten, so dass man es nicht auf eigene Faust anwenden sollte. Ein Arzt, der sich auskennt, weiß auch, welche Niacin-Präparate die einzelnen Fettparameter wie beeinflussen.
Vergleichen wir die Wirkungen der einzelnen Medikamente auf die Blutwerte:
a) Fibrate: Haben höchstens einen leichten Effekt auf Hebung des HDL.
b) Statine und Harze: Senken das LDL und damit auch das Gesamtcholesterin
c) Niacin: Senkt LDL, Gesamtcholesterin, Triglyceride und Lipoprotein a
Damit hebt Niacin auch das Verhältniss HDL/LDL stärker als Statine und Harze.
Niacin verändert auch das Verhältnis großer zu kleiner LDL-Partikel, was auch m it einem verminderten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse einhergeht.
Parsons schreibt:
Statine senken die Zahl der Herzinfarkte, Schlaganfälle und TIAs sowie die Zahl kardiovaskulärer Operationen.
Niacin tue dies alles auch, senke aber zusätzlich die Zahl der kardiovaskulär bedingten Krankenhausaufenthalte und der Krankenhausaufenthalte aller Ursachen
Dr. Parsons ist 1999 in den Ruhestand getreten, nachdem er mehr als 50 Jahre praktiziert hat und bei tausenden von Patienten den Cholesterinspiegel mit Niacin erfolgreich senken konnte.
In seinem Buch „Cholesterol Control Without Diet” erklärt er im Detail, worauf man als Arzt bei der Therapie mit Niacin achten muss.
Die Auszüge aus seinem Buch enden hier.
Das Risiko, an einem Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erkranken steigt mit allen Risikofaktoren, die
- die Innenwände unserer Gefäße angreifen,
- die eine erhöhte Blutgerinnung zur Folge haben,
- zu einer starken Verengung der Blutgefäße führen.
Diese Ursachen sind sehr vielschichtig. Es kann dies ein Folsäuremangel sein (Homozystein erhöht), ein hoher Blutzucker (er schädigt die Blutgefäße über verzuckerte Eiweiße (Bsp.: HbA1c), TMA (wird im Darm aus den Darmbakterien gebildet und greift die Blutgefäßwände an) und viele mehr.
Blutfette selbst, wenn sie nicht oxidiert sind, greifen unser Blutgefäße nicht an. Ausnahme: Bei sehr hohen Blutfettwerten kann es zu einem Verschluss kleiner Gefäße kommen (so auch, wenn sich aus einer arteriosklerotischen Ablagerung der Gefäßwand ein Stück löst).
Da es aber noch keine groß angelegte Studie gibt, die vergleicht, wie hoch das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall ist, wenn LDL nicht gesenkt wird, aber alle anderen Risikofaktoren minimiert sind, sollten wir zur Sicherheit erhöhte Blutfettwerte behandeln.
Umgekehrt liest man immer, wie gut sich die Senkung der Blutfette auf das kardiovaskuläre Risiko auswirken. Woran liegt das? Weil wir mit der Senkung der Blutfette
- auch anteilig die oxidierten Fette senken und damit diesen Risikofaktor mindern,
- auch z. Bsp. das schädliche LpPLA2 senken, welches mittels LDL im Blut transportier wird,
- auch wenn andere Risikofaktoren vorliegen, ein paar Tropfen weniger haben, die das Fass füllen.
Aber: Wenn wir die Ursachen nicht senken, kann auch die alleinige Senkung der Blutfettwerte Herzinfarkte und Schlaganfälle nicht 100% verhindern.
Deshalb ist es wichtig:
- alle bekannten Risikofaktoren in den Griff zu bekommen
- UND die Blutfette zu senken.